Der Bericht führt auch am Beispiel des Acqua Alta in Venedig aus, wie sich der Meeresspiegel in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt hat. 2019 wurde der höchste gemessene Stand von 1966 zwar noch nicht überschritten, aber der weitere Anstieg gefährdet die Stadt.
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Venedig geht es nicht gut. Das zeigen die Überflutungen, die in den vergangenen Jahren vorkamen und die italienische Stadt künftig immer stärker bedrohen. Im November 2019 stieg der Hochwasserstand auf bis zu 1,89 Meter, mehr als die Hälfte der Stadt wurden überflutet. Bei den Maßnahmen, die langfristig dagegen ergriffen werden, geht es aber nicht nur um den Schutz des Kulturerbes in Venedig: Sie zeigen auch, was andernorts bevorsteht und wie es den Meeren geht.

Einen Zustandsbericht über die Meere liefert der aktuelle Report des Erdüberwachungsdiensts der Europäischen Union, Copernicus. Hier werden Daten von Satellitenbeobachtungen und Messungen auf der Erde zusammengetragen, um den Zustand von Land, Meeren und der Atmosphäre im Blick zu behalten und zu erforschen. Hier spielen auch der Klimawandel und seine Folgen eine große Rolle. Im fünften Bericht der Meeresumweltüberwachung stellen 150 Wissenschafterinnen und Wissenschafter im Auftrag der EU-Kommission dar, wie schnell sich die Ozeane durch den Eingriff des Menschen verändern.

Meereis-Tiefststände 2019 und 2020

Die Zusammenfassung des Reports, die bereits veröffentlicht wurde, nennt die schlimmsten Folgen: Die Erwärmung der Weltmeere und das schmelzende Landeis führen zu einem Anstieg des Meeresspiegels – im Mittelmeerraum um 2,5 Millimeter pro Jahr und weltweit um bis zu 3,1 Millimeter. Die Erwärmung der Ozeane habe zudem zur Folge, dass Meeresbewohner in kühlere Gewässer abwandern oder die Bestände von Arten schrumpfen.

Copernicus Marine Service

Analysiert wurden die Daten aufgeteilt auf die Bereiche blauer, grüner und weißer Ozean. Beim blauen Ozean geht es um die Beschreibung der allgemeinen physikalischen Daten zur Veränderung der Meere, worunter auch der Meeresspiegel, Ozeanströmungen und die Oberflächentemperatur fallen. Beim grünen Ozean geht es um alles, was im Meer lebt: Hier wird die Konzentration des für Photosynthese nötigen Pigments Chlorophyll-a angezeigt, durch das die Produktivität von Wasserpflanzen, Algen und Mikroorganismen gemessen wird. Diese Rate ist je nach Meer unterschiedlich. Der globale Trend zur Versauerung (also dem Absinken des pH-Werts) ist hier ebenfalls Thema. Der weiße Ozean beschreibt die Situation des auf dem Wasser schwimmenden Eises, vor allem in Arktis und Antarktis.

Bedrohlich ist insbesondere der Rückgang des arktischen Meereises: Seit 1979 sei das Eis im Sommer um durchschnittlich 12,89 Prozent pro Jahrzehnt zurückgegangen, heißt es im Bericht. Die Tiefststände wurden dabei in den vergangenen beiden Jahren verzeichnet. Der Report warnt: Wenn das arktische Meereis weiter schmelze, könne das zur regionalen Erwärmung, der Erosion der arktischen Küsten und zu Veränderungen der globalen Wettermuster beitragen.

Je wärmer das Meer, desto mehr Arten müssen sich Richtung Polarregionen oder in tiefere Schichten des Ozeans umorientieren. Damit können aber nicht alle Arten umgehen. Die Folge ist daher auch ein Verlust an Biodiversität.
Bild: Ocean State Report 5 Summary, Copernicus Marine Service

Schwankungen im Fischfang

Eine weitere Erkenntnis: Extreme Schwankungen aufgrund von Hitze- und Kältewellen in der Nordsee stehen in einem direkten Zusammenhang mit Veränderungen im Fischfang. Genannt werden hier die Seezunge, der Europäische Hummer, Seebarsch und Taschenkrebse.

"Klimawandel, Umweltverschmutzung und Übernutzung haben eine nie dagewesene Belastung für den Ozean verursacht", betont Karina von Schuckmann, Ozeanografin und Vorsitzende des Ocean State Report, in einer Mitteilung zum Bericht. Die Weltmeere bedecken den Großteil der Erdoberfläche und regulieren das Klima.

Eine genaue und zeitnahe Überwachung ist daher entscheidend, um die Ozeane besser zu verstehen und auf Veränderungen reagieren zu können, sagt von Schuckmann. Der vollständige Bericht wird in Kürze im Fachblatt "Journal of Operational Oceanography" veröffentlicht. (red, APA, 22.9.2021)