Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) hat ein neues Telekommunikationsgesetz vorzustellen.

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Zu schnell auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren: Das ist ein Vorwurf, der österreichischen Regierungen in Technikfragen wohl nur selten gemacht wird. So stammt denn auch die aktuell gültige Fassung des Telekommunikationsgesetzes aus dem Jahr 2003, also einer Zeit, in der von Smartphones noch weit und breit nichts zu sehen war. Nun versucht man sich aber an einer Modernisierung. Und das mit saftiger Verspätung, denn die Umsetzungsfrist einer entsprechenden EU-Vorlage ist bereits 2020 abgelaufen.

Im Rahmen der Pressekonferenz nach dem Ministerrat verkündete Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) gemeinsam mit der grünen Klubobfrau Sigrid Maurer, dass man sich nunmehr auf eine Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) geeinigt hat. Große Änderungen scheint es dabei in der Begutachtungsphase nicht mehr gegeben zu haben, die Eckpunkte erinnern stark an das, was bereits vergangenen Dezember präsentiert wurde.

Konsumentenschutz in der Kritik

Ein Kernpunkt der TKG-Novelle sei der Konsumentenschutz, betonen die Regierungsvertreterinnen. So werde eine leicht verständliche Kurzzusammenfassung von Verträgen zur Pflicht. Das soll auch die Vergleichbarkeit mit alternativen Angeboten vereinfachen. Zudem sieht die TKG-Novelle eine Verlängerung des Kündigungsrechts bei Vertragsänderungen durch den Anbieter vor – und zwar auf drei Monate. "Damit haben Betroffene mehr zeitlichen Puffer und weniger Stress, sich nach einem neuen Anbieter umzusehen", kommentiert Daniela Zimmer von der Arbeiterkammer das im STANDARD-Gespräch. Dazu kommt noch ein neues Kündigungsrecht bei einem Wohnsitzwechsel, damit die Konsumenten hier nicht in langfristigen Verträgen gefangen bleiben und doppelt zahlen. Dieses sieht eine Kündigungsfrist von zwei Monaten vor.

Davon abgesehen kritisiert die Arbeiterkammer jedoch massive Defizite bei der Regelung von Handys, die gratis oder zu einem niedrigen Teilbetrag im Austausch gegen eine Vertragsbindung vergeben werden. So müssten Verbraucher, die ihren Vertrag bei einem Mobilfunker vorzeitig auflösen, eine Abschlagszahlung entrichten oder das Smartphone zurückgeben. Die Berechnungsbasis für den Zeitwert liegt bei der unverbindlichen Herstellerempfehlung. Gibt es keine, legt die RTR den Preis fest. Allerdings dürfen nur 90 Prozent der unverbindlichen Preisempfehlung (UVP) minus des vom Verbraucher bezahlten Kaufpreises als Berechnungsbasis herangezogen werden. Damit geht man teilweise auf die Kritik ein, dass Anbieter "in der Regel wesentlich günstigere Einkaufspreise haben", sagt Zimmer. Wird innerhalb der ersten sechs Monate gekündigt, sind pauschal 50 Prozent des Ausgangswerts zu bezahlen. Danach reduziert sich die Zahlung monatsweise aliquot.

Für Verbraucher bedeute das künftig, dass Anbieter ihre Verträge zum Nachteil der Kunden ändern könnten. "Bislang bremsten die vergünstigt abgegebenen Handys diese Entwicklung", sagt Zimmer. Konsumentinnen und Konsumenten konnten kostenlos aussteigen.

Machtverschiebung zugunsten von Mobilfunkern

Insgesamt sei eine starke Verschiebung der Kräfteverhältnisse zugunsten der Anbieter zu beobachten. Diese könnten Neukunden mit günstigen Tarifangeboten offensiv anwerben und unmittelbar nach dem Aktionszeitraum Preise beliebig und ohne Rechtfertigung erhöhen. "Andere Branchen müssen Gründe in den AGBs anführen wie Steigerung von Kaufpreisindex, Rohstoffpreisen, Kollektivvertragslöhnen und so weiter", kritisiert Zimmer. Es sei anzunehmen, dass weniger Kunden als in der Vergangenheit dies zum Anlass nehmen werden zu kündigen.

Zimmer empfiehlt, im Zweifel "keine Kombiverträge abzuschließen", sondern das Handy künftig im Elektrohandel zu erwerben und SIM-only-Angebote der Betreiber zu nutzen.

Breitbandausbau im Fokus

Ein weiteres zentrales Thema ist der Breitbandausbau. Köstinger betonte einmal mehr, dass bis 2030 sowohl feste als auch mobile Gigabit-Anschlüsse flächendeckend verfügbar sein sollen. Dazu sollen alleine bis zum Jahr 2026 rund 1,4 Milliarden Euro in den Ausbau der Infrastruktur gesteckt werden. Österreich solle gar zum "internationalen Vorreiter beim 5G"-Ausbau werden, heißt es in einer Pressemitteilung vollmundig. Damit dies möglich wird, soll auch die Zusammenarbeit zwischen den Betreibern vereinfacht werden – etwa im Zuge von gemeinsamen Investitionen im Bereich des Netzausbaus.

Ein auch international durchaus sensibles Thema ist die Wahl der Netzwerkausrüster, immerhin gab es hier in den vergangenen Jahren zahlreiche Kontroversen vor allem rund um chinesische Anbieter – samt entsprechendem Druck aus den USA. Zu diesem Zweck soll nun innerhalb der RTR ein Fachbeirat gegründet werden, der die Sicherheit von 5G-Zulieferern unabhängig prüfen soll. Maurer betonte dabei, dass in diesen nicht nur Wirtschaftsvertreter, sondern auch Experten aus Wissenschaft und Forschung einbezogen werden sollen.

Eine Erweiterung gibt es bei der europaweiten Notrufnummer 112. Diese soll künftig auch via Textnachricht erreichbar sein. Außerdem soll es die Möglichkeit geben, dass im Katastrophenfall Warn-SMS regional verschickt werden – etwas, das es in anderen Ländern zum Teil bereits gibt.

EU-Vorschrift

Mit dem neuen Telekommunikationsgesetz folgt Österreich nicht zuletzt einer bereits 2018 verabschiedeten EU-Richtlinie. Diese hätte man eigentlich bis Ende 2020 umsetzen müssen, als Grund für die Verzögerung verwies Köstinger im Dezember noch auf die Covid-19-Pandemie sowie das umfangreiche Regelwerk. Auch jetzt betont man, dass man zumindest nicht Letzter ist: Bisher hätten lediglich neun Länder die entsprechende EU-Vorschrift umgesetzt.

Aus Sicht der Grundrechte-NGO Epicenter Works war die Regierungsvorlage "lange überfällig". Gut sei, dass die Pläne eines alten Entwurfs, nämlich dass das Landwirtschaftsministerium allein über den Vorsitz der Telekomregulierungsbehörde (TKK) entscheiden darf, zurückgenommen wurden. Man habe sich auf "den alten Bestellungsmodus für die TKK zurückbesonnen, in dem ein Richter dem Gremium angehören muss und dabei der OGH einen Dreiervorschlag unterbreitet. Die Bundesregierung als Ganzes entscheidet, anstatt dass sie alleine alle Mitglieder bestimmt." Kritisiert wird, dass keine Vorgaben zum Thema Routerfreiheit in dem Gesetz bestimmt wurden – so dürfte die RTR künftig per Verordnung bestimmen, wo eigentlich das Netz von Nutzern beginnt und das öffentliche Internet endet. (muz, apo, 22.9.2021)