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Die Karten der Industrie, um bei den Koalitionsverhandlungen zur Steuerreform Forderungen zu stellen, waren vermutlich schon einmal besser. Nicht weil die Industriellenvereinigung so schwach wäre oder niemand in der türkis-grünen Koalition auf sie hören würde. Aber den allermeisten Betrieben der Branche geht es, Corona hin oder her, sehr gut. Anfang September hat die Bank Austria eine Analyse vorgelegt und die Industrieproduktion in Österreich mit jener im Euroraum und in Deutschland verglichen.

Ergebnis: "Nicht nur während der Pandemie, sondern auch in den vergangenen 20 Jahren ist die heimische Industrieproduktion dynamischer gewachsen", heißt es in dem Bericht. Alle wichtigen Branchen konnten ihren Output seit dem Jahr 2000 stärker steigern als die Industrie im Rest des Euroraums und auch in Deutschland. Hauptverantwortlich dafür sei der Maschinenbau, aber auch die Metallerzeugung, die Metallverarbeitung und die Elektroindustrie performten überdurchschnittlich.

Das volle Programm

Für den Präsidenten der Industriellenvereinigung, Georg Knill, ist die Entwicklung dennoch kein Grund stillzuhalten. Das machte Knill am Mittwoch bei einer Pressekonferenz gemeinsam mit dem Generalsekretär der IV, Christoph Neumayer, deutlich.

Die beiden trugen da ihre Forderungen für die laufenden türkis-grünen Verhandlungen zur Steuerreform vor. Tenor: Die Steuern für Unternehmen müssten spürbar sinken, obwohl sich die Branche so gut entwickelt habe. Nicht weil es den Betrieben schlecht ergehe, sondern um künftige Investitionen in den Klimaschutz und zur Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfähigkeit leisten zu können. "Jetzt werden die Schritte für die Zukunft gesetzt. Zu sagen, der Industrie geht es gut, und deshalb braucht sie nichts mehr, wäre ein Trugschluss", so Knill.

Er fordert dabei das volle Programm: Die Körperschaftsteuer in Österreich müsse von 25 auf 21 Prozent sinken. Er erinnerte die Regierung auch daran, dass dies im Koalitionsabkommen fixiert sei. Eine schrittweise Senkung der Körperschaftsteuer sei in Ordnung, wenn der Start 2022 erfolge. Wichtig sei für ihn, dass die notwendigen gesetzlichen Weichenstellungen gleich getroffen werden.

Zweite zentrale Forderung: Es brauche eine steuerliche "Gleichstellung" zwischen Fremd- und Eigenkapital.

Was ist gemeint? Unternehmen dürfen die Kosten für Fremdkapital, für Bankzinsen, steuerlich absetzen. Darin sehen viele Unternehmer eine Diskriminierung von Betrieben, die viel Eigenkapital halten und hier nichts absetzen dürfen. Um das auszugleichen, fordert die Industrie, bei Eigenkapital eine "fiktive Verzinsung" zu berechnen und diese von der Steuer absetzbar zu machen. Im Gespräch ist offenbar, dabei für Betriebe einen Höchstbeitrag festzusetzen. Die Eigenkapitalverzinsung soll sich am Leitzins Euribor orientieren, dazu soll es einen Aufschlag geben, so IV-Generalsekretär Neumayer.

Und was das alles kostet? 1,5 Milliarden Euro pro Jahr an entgangenen Einnahmen, laut Rechnung der Industrie.

Wer finanziert die Entlastung?

Ob dies finanzierbar sei und, wenn, dann wie? Das Steuergeld fehlt ja dann.

Dazu fielen die Antworten eher knapp aus. Knill: Einsparungspotenziale würden sich durch einen schlankeren Staat ergeben. Zudem werde der Finanzminister mit einer CO2-Steuer auf der anderen Seite einiges Geld einnehmen. Was der Präsident der Industriellenvereinigung nicht dazusagt: Dieses Geld soll ja in verstärkte klimafreundliche Investitionen gehen, und die Einnahmen sollen als Klimabonus rückverteilt werden.

Rote Linien hat Knill auch eingezogen: Industriebetriebe, die bereits der CO2-Steuer in der EU unterliegen, dürfen durch die österreichische Abgabe nicht noch extra belastet werden. In der EU gilt bereits eine CO2-Steuer für Teile der Industrie, umgesetzt über einen Zertifikatehandel. Die Steuer gilt für Anlagen im Stromsektor, in der verarbeitenden Industrie sowie für Emissionen von Luftfahrtunternehmen.

Eine Senkung der Lohnnebenkosten, wie die Grünen sie nun statt der Körperschaftsteuersenkung ins Spiel gebracht haben, ist übrigens aus Sicht der Industrie nicht ausreichend. Das würde im Volumen zu wenig bewirken. (András Szigetvari, 22.9.2021)