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Wien – Am Wiener Straflandesgericht ist am Mittwoch der erste große Prozess in der Causa "Operation Achilles" mit einem Schuldspruch zu Ende gegangen. Ein Serbe musste sich vor Schöffen verantworten, weil er in Wien reines Kokain, Heroin und Marihuana übernommen und weitergegeben hatte. Er muss drei Jahre in Haft.

Bei einer der größten Polizeiaktionen gegen das organisierte Verbrechen, der Operation "Trojan Shield", hatten Ermittler im Sommer mehr als 800 Verdächtige in 16 Ländern festgenommen. In Österreich, wo die Aktion unter dem Namen "Achilles" lief, gab es mehr als 80 Festnahmen, einer davon war der Serbe.

Er hatte im Auftrag der Bande von Mai bis Juni die Drogen in größeren Mengen angenommen und dann an zum Teil unbekannte Abnehmer verteilt. Der von Philipp Wolm vertretene Angeklagte bekannte sich schuldig, Teil der Bande gewesen zu sein, allerdings habe er wesentlich weniger Drogen weitergereicht. Er sei für die Verteilung von je einem Kilogramm Kokain und Heroin sowie zwölf Kilogramm Marihuana verantwortlich, sagte der bisher Unbescholtene. Das Urteil ist rechtskräftig.

Kommunikation via Kryptohandys

Durch die Operation "Trojan Shield" wurde eine riesige Tätergruppe zerschlagen. Die Bande agierte mit verschlüsselten Kryptohandys, um abhörsicher untereinander zu kommunizieren. Diese sogenannten Anom-Mobiltelefone wurden vorwiegend von Führungsfiguren in der Vereinigung genutzt, um Weisungen zu erteilen, die Kontrolle auszuüben sowie Drogenhandel und Geldwäsche über mehrere Länder hinweg zu koordinieren. Ein solches Kryptohandy nutzte auch der nun in Wien verurteilte Serbe. Er habe das Gerät am 3. Mai erhalten und es wegen einer Reise am 3. Juni wieder abgeben müssen. Den Beweis dafür zeigen Chats, in denen er ankündigt, Wien für einige Zeit zu verlassen. Als er am 13. Juni in die Stadt zurückkehrte, wurde er tags darauf verhaftet. Sein Gepäck war noch im Auto. "Ich wollte mir meinen Lohn holen", meinte der Beschuldigte über das Motiv, noch einmal nach Österreich zu kommen.

Am Beginn des illegalen Jobs wurde jedem Benutzer ein solches Gerät mit einer eindeutigen Kennung überreicht. Der 39-Jährige soll unter dem Identifikationsnamen "Abovetown" agiert haben. Die US-Bundespolizei FBI verfügt über eine Liste der weltweit agierenden Nutzer dieser Kryptohandys und deren Kennung. Bei der Festnahme des 39-Jährigen wurde sein Telefon in seiner Wohnung gefunden, dadurch konnte sein Name den Deals zugeordnet werden. Das FBI stellte den österreichischen Ermittlungsbehörden diese Daten zur Verfügung. Bei den Auftraggebern des Serben sieht das anders aus: Deren Identifikationsnamen sind bekannt, aber nicht, wer sich dahinter verbirgt.

Persönliche Notlage

Unter dem Pseudonym "Rokkki" soll der Angeklagte Kokain mit einem Reinheitsgehalt von 80 Prozent von Komplizen übernommen und an Abnehmer weitergereicht haben, wie die Entschlüsselung der Chats durch die Ermittler zeigte. Er betonte allerdings, dass er das Handy nicht allein genutzt habe. Ein "Milan" sowie ein weiterer Mann, den er aber nicht kannte, hätten ebenso darauf zurückgegriffen.

Die Bandenmitglieder fühlten sich sicher und kommunizierten recht offen über ihre Deals. Sie versendeten sogar Fotos der gehandelten Drogen. Das tat auch der Serbe. Er bot einem unbekannten Anom-User zwölf Kilogramm Cannabiskraut an und schickte gleich ein Bild der zum Verkauf stehenden Drogen. "Meine finanzielle Lage in Serbien als Automechaniker auch wegen der Corona-Krise war schlecht. Da hat mir ein Bekannter den Job angeboten", sagte er dem Schöffensenatsvorsitzenden Harald Craigher. Die Frage des Richters, ob er seine Komplizen namentlich nennen will, wehrte er energisch ab. "Es wurde mein Pass abfotografiert und den Auftraggebern geschickt", so der 39-Jährige. "Ich möchte nichts sagen."

Anom-Handys sehen wie normale Mobiltelefone aus, allerdings sind sie nicht zu orten und zurückzuverfolgen. Die üblichen Funktionen zum Telefonieren und SMS-Versenden gibt es nicht, auch das Navigationssatellitensystem GPS ist nicht installiert. Um zur Chatfunktion zu gelangen, musste man zu einer App, die hinter dem Taschenrechner versteckt war. Dem FBI gelangt es, den Entwickler von Anom im Zuge eines Deals, um einer Gefängnisstrafe zu entgehen, anzuwerben. Damit konnten die Geräte unter den Kriminelle vermarktet und verbreitet werden. Was die kriminellen Organisationen nicht wussten: Das FBI verfügte über die Verschlüsselungscodes und konnte somit alle Nachrichten lesen. (APA, 22.9.2021)