Hob bei den Österreichischen Medientagen die wichtige Rolle seriöser Medienschaffender in unsicheren Zeiten hervor: Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP).

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Wien – Mit der wirtschaftlichen Lage und der nach wie vor nicht vollzogenen Digitalisierung haben sich die ersten Beiträge bei den 28. Österreichischen Medientagen am Erste Campus in Wien auseinandergesetzt. Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) hob am Mittwochvormittag die wichtige Rolle seriöser Medienschaffender in unsicheren Zeiten hervor. Auf EU-Ebene wünscht sie sich mehr Tempo, um etwa effizienter gegen Hass im Netz vorgehen zu können.

Edtstadler problematisierte zunächst, dass immer mehr Werbegelder zu internationalen Plattformen abwandern. Auf diese Weise werde das Finanzierungsmodell heimischer Medien vor Herausforderungen gestellt, zugleich entgehe dem Staat Steuergeld. "Plattformen besteuern häufig dort, wo es am günstigsten ist. Das ist ungerecht und schadet unserer Wirtschaft", so die Europaministerin.

In den letzten 15 bis 20 Jahren habe sich die digitale Welt weiterentwickelt, die gesetzlichen Rahmenbedingungen jedoch nicht. Dass die OECD einen globalen Mindeststeuersatz plant, sei "höchste Zeit". Auch drängt sie auf eine europaweite Digitalsteuer. Österreich sieht sie als "Tempomacher". Mit dem Kommunikationsplattformengesetz habe man einen ersten Schritt gesetzt, auf den nun eine europaweite Lösung folgen müsse, um für faire Wettbewerbsbedingungen zu sorgen und gegen Hass im Netz anzukämpfen.

Bei Wissenschaftsredaktionen bedankt

Die Coronapandemie habe laut Edtstadler gezeigt, dass Journalistinnen und Journalisten Menschen in unsicheren Zeiten Halt geben können. Besonders hob sie Wissenschaftsredaktionen hervor und richtete ihnen ihren Dank aus. "Angst vor der Impfung resultiert nicht aus Beiträgen der 'ZiB' oder aus Printzeitungen. Sie kommt von Newsportalen, Telegramgruppe oder Youtube". Besonders abzulehnen sei, wenn Politiker Angst schüren. "Sie wissen, von wem ich spreche", so Edtstadler.

Inakzeptabel seien die zusehends – etwa auf Demonstrationen – vorgekommenen Angriffe auf Medienschaffende. "Jede Einschränkung der Pressefreiheit ist in einem liberalen Rechtsstaat abzulehnen." Die Zukunft der Medien sei eng verbunden mit der Zukunft der Demokratie. Sorgen Medien erfolgreich für eine fundierte Faktenlage, profitiere die Demokratie davon. "Ich vertraue auf sie", schloss Edtstadler ihre Rede an die anwesenden Medienschaffenden gewandt.

Thomas Middelhoff, Autor und ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann AG, widmete sich in seiner Keynote der Digitalisierung und warum man diese verpasst habe. Er sah einen "digitalen Tsunami", der die Medienbranche herausfordert. Obwohl man erst am Anfang der Digitalisierung stehe, haben neue Player die analoge Welt bereits deutlich hinter sich gelassen. Europa stehe zwischen den USA und China und drohe unterzugehen.

An alten Schlüsselindustrien festgehalten

Als Ursache für die verpasste Digitalisierung erachtete er, dass man zu lange an alten Schlüsselindustrien festgehalten habe, zu niedrige Technologiesubventionen vorhanden seien und ein Ausverkauf europäischer Technologien voranschreite. Die Verantwortung schiebt er unter anderem dem neuen Markt, Managerinnen und Managern, der dominierenden Mentalität, aber auch der Politik und den Medien zu. Als Positivbeispiel für gelungene digitale Transformation führte er die "New York Times" an. Dort sei viel Geld in die Transformation investiert worden, wodurch das Unternehmen nun hochprofitabel sei und als einzige Nachrichtenmarke neben Google bestehen könne.

Eine anschließende Debatte widmete sich dem Thema "Wege aus dem Dilemma – der große Wirtschaftstalk". "Wenn wir in Europa eine Chance haben wollen, müssen wir uns fragen, wie wir auf EU-Ebene einen Investitionssprung vornehmen", meinte Peter Hanke, Wiener Stadtrat für Wirtschaft und Arbeit (SPÖ). Die Infrastruktur im analogen Bereich sei bereits auf hohem Niveau, nun müsse man im digitalen Bereich investieren.

Historische Chance

René Tritscher, Managing Director der Austrian Business Agency, sieht derzeit eine historische Chance für Österreich gegeben, auf das Radar internationaler Unternehmen zu kommen. Das Interesse an Standortverlagerungen sei derzeit hoch. "Wir müssen diesen Unternehmen ein Angebot machen."

Die 28. Österreichischen Medientage finden heuer von 22. bis 23. September am Erste Campus in Wien statt. Aufgrund der Coronapandemie setzt das Branchenamagazin "Horizont" des Manstein Verlags, der den Kongress veranstaltet, auf ein Hybrid-Konzept mit beschränkter Teilnehmerzahl. Wie im Vorjahr sind die Talks vollständig auf horizont.at zu sehen. Zusätzlich überträgt der Wiener Stadtsender W24 den ersten Vormittag der Medientage live, ORF III zeigt am Donnerstag ab 13.10 Uhr sieben Panels zeitversetzt. Auf puls24.at und in der Puls-24-App werden beide Tage gestreamt. (APA, 21.9.2021)