Damaskus/Beirut – In Lagern für die Familien von gefangenen Kämpfern der Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) im Nordosten Syriens sind in diesem Jahr laut der Menschenrechtsorganisation Save the Children bereits 62 Kinder an Gewalt, Krankheiten und Unfällen gestorben.

Insgesamt leben 40.000 Kinder aus 60 Ländern unter katastrophalen Bedingungen in den Lagern von Roj und Al-Hol, erklärte die Organisation am Donnerstag. "Viele der reichsten Länder der Welt haben es verabsäumt, die meisten ihrer Kinder, die in den beiden Flüchtlingslagern festsitzen, nach Hause zu bringen", kritisierte Save the Children. Darunter seien auch Kinder von Eltern aus Europa. Lange Zeit waren auch Österreicher darunter.

Kinder "im Stich lassen"

Nach Angaben der Organisation gibt es 320 Kinder mit französischen Wurzeln in den beiden Lagern. Davon wurden bisher nur 35 nach Frankreich geholt. 60 Kinder haben demnach britische Eltern, aber nur vier wurden nach Großbritannien gebracht.

"Was wir hier sehen, ist, dass die Regierungen die Kinder, die in erster Linie Opfer des Konflikts sind, einfach im Stich lassen", sagte Sonia Khush, Leiterin der Syrien-Hilfe von Save the Children. Ihren Angaben zufolge sind 83 Prozent der bisherigen Rückführungen nach Usbekistan, dem Kosovo, Kasachstan und Russland erfolgt.

Das Flüchtlingslager Al-Hol.
Foto: AFP/Delil SOULEIMAN

Schwierige Lagerbedingungen

In den abgelegenen Lagern, die von den kurdischen Streitkräften verwaltet werden, sind die Familien von Männern untergebracht, die wegen mutmaßlicher Verbindungen zum IS inhaftiert sind. Die Camps beherbergen jedoch auch viele Familien, die vor der Eroberung ihrer Heimat im Irak und in Syrien durch die Islamisten geflohen sind. Einige von ihnen leben schon seit mehr als vier Jahren dort.

Nach Angaben von Save the Children wurden allein in Al-Hol in diesem Jahr 73 Menschen, darunter zwei Kinder, ermordet. Die Menschen sind durch Unterernährung, Krankheiten, schlechte sanitäre Verhältnisse und Brände gefährdet. Die meisten Kinder haben demnach keinen Zugang zu Bildung.

"Ich kann dieses Leben nicht mehr ertragen", sagte die elfjährige Maryam der Organisation im Mai. "Wir tun nichts, außer zu warten." Das libanesische Mädchen ist mittlerweile laut Save the Children tot. Es kam demnach bei einem gescheiterten Fluchtversuch in einem Wassertransporter ums Leben. Seine Mutter wurde verletzt, der Bruder wird vermisst.

Die kurdischen Behörden, die das Gebiet kontrollieren, haben immer wieder erklärt, dass sie nicht in der Lage seien, Prozesse für alle inhaftierten ausländischen Verdächtigen zu organisieren oder deren Familien zu unterstützen. Westliche Regierungen sind unterdessen besorgt über die Auswirkungen, die eine Rückführung von IS-Anhängern auf die innere Sicherheit und die öffentliche Meinung haben könnte. (APA, AFP, 23.9.2021)