Durch hohe Inflationsraten in einigen Ländern wird die reale Erhöhung jedoch niedrig ausfallen.

Foto: Karl Schöndorfer

Welchen Einfluss hat die Corona-Krise auf Gehälter? Können Beschäftigte im kommenden Jahr überhaupt eine Lohnerhöhung erwarten? Dieser und weiteren Fragen widmet sich die "Gehaltsentwicklungsprognose 2022" der Personal- und Managementberatung Kienbaum. Für die Studie wurden mehr als 600 Teilnehmende in 48 Ländern aus Unternehmen unterschiedlicher Größen und Branchen befragt.

Das Ergebnis: Die Gehälter in den meisten teilnehmenden Ländern werden trotz der aktuellen Situation im kommenden Jahr kräftig steigen. Durch hohe Inflationsraten in einigen Ländern wird die reale Erhöhung jedoch niedrig ausfallen. Teilweise wird es sogar keine Erhöhungen bis hin zu Negativeffekten geben. Österreich ist mit einem durchschnittlichen Anstieg von 3,8 Prozent im Mittelfeld. Bei einer Inflation von 1,8 Prozent liegt die reale Gehaltsentwicklung bei 2,0 Prozent.

Wirtschaftliche Situation

Die Gehälter in den EU-Ländern steigen laut Prognose zwischen 1,9 und 5,8 Prozent. Die prognostizierten Erhöhungen in Österreich sind höher als jene in Deutschland mit 3,0 Prozent. "In der Europäischen Union verzeichnet Ungarn mit 5,8 Prozent die höchste durchschnittliche Gehaltsentwicklung", sagt Alfred Berger, Leiter des Bereichs Compensation & Performance Management sowie Board Service bei Kienbaum Wien. In Europa zeigen die prognostizierten Gehaltssteigerungen nach Hierarchieebene teils deutliche Unterschiede. Für Spezialisten und Fachkräfte werden in vielen Ländern mitunter die stärksten Gehaltssteigerungen erwartet. In Österreich liegt der Anstieg laut der Prognose bei durchschnittlich 4,6 Prozent.

Die durchschnittliche Gehaltssteigerung in Nicht-EU-Ländern fällt mit 4,1 Prozent stärker aus als in EU-Ländern. Die nominale Gehaltsentwicklung ist hier mit 14,4 Prozent in der Türkei am höchsten, bei einer hohen Inflation von 11,8 Prozent. Albanien verzeichnet als einziges Land in Europa eine negative Entwicklung mit minus 1,8 Prozent, da die durchschnittliche Gehaltsentwicklung mit 1,2 Prozent niedrig ausfällt.

Der größter Einflussfaktor auf die Entwicklung der Gehälter in der EU ist die wirtschaftliche Situation des Landes, gefolgt von der Preisentwicklung. In Österreich und Deutschland haben jedoch Tarif- und Kollektivverträge den größten Hebel auf die Gehaltsentwicklung. Dicht gefolgt von der Unternehmensperformance, welche europaübergreifend lediglich auf dem dritten Rang liegt. Während auch in den meisten Nicht-EU-Ländern die wirtschaftliche Situation den größten Einfluss auf die Gehaltsentwicklung hat, sind es in der Schweiz die Faktoren Unternehmens- und die individuelle Performance.

Indien und China

Im Vergleich der ausgewählten Länder liegt Indien mit 7,2 Prozent nominaler Gehaltssteigerung außerhalb Europas auf Platz eins. Dahinter folgt China (Raum Peking) mit 6,1 Prozent und China (Raum Schanghai) mit 5,3 Prozent. Die höchsten Inflationen werden für Indien mit 4,1 Prozent und Brasilien mit 4,0 Prozent prognostiziert. "Reale Einkommenszuwächse werden in allen betrachteten Ländern außer in Brasilien erwartet", fasst Berger zusammen.

Im Schnitt schneiden außerhalb Europas die Spezialisten und Fachkräfte sowie das Topmanagement gegenüber den anderen Hierarchieebenen am besten ab. In Indien gewinnt laut Gehaltsentwicklungsprognose das Topmanagement mit 7,4 Prozent am meisten dazu.
Während in den meisten außereuropäischen Ländern die Preisentwicklung den größten Einfluss auf die Gehaltsentwicklung hat, wird diese in Chinas Schanghai-Region vor allem durch die wirtschaftliche Situation des Landes beeinflusst. Im Allgemeinen sei die Bedeutung der Einflussgrößen über die geografischen und politischen Regionen hinweg weltweit ähnlich, wenn auch Unterschiede in der Stärke der Faktoren bestehen. (red, 23.9.2021)