Bei Omar Sarsams Kabarett bleiben wir im Krankenhaus: mit Abstechern ins Familienleben und zu Corona.

Foto: Udo Leitner

Es schadet nicht, wenn man etwas Gescheites gelernt hat, das ist bei einem Kabarettisten nicht anders. Omar Sarsam zum Beispiel ist Arzt. Das lässt er gern heraushängen, nach Diagnose: Arzt (2016) und Herzalarm (2018) trägt sein neues Programm den für jeden zusatzversicherten Hypochonder verheißungsvollen Titel Sonderklasse. Um Klassenkampf geht es dabei nur kurz. Kein Grund zur Sorge: Alle kriegen dasselbe Programm geboten, beruhigt Sarsam im Wiener Stadtsaal das Publikum – nur ist es für die billigen Reihen halt "ein bissl leiser und ein bissl kleiner".

Die Medizin bleibt das Rückgrat des Sarsam’schen Humors. Etwa wenn er "frei erfundene" Ambulanzprotokolle vorträgt ("Eiswürfel verschluckt, noch nicht wieder herausgekommen", "Harnwegsinsekt"). Was nimmt so ein Arzt in seiner Reiseapotheke mit? Das hängt davon ab, auf welcher Station er eingeteilt ist! Weitere Einblicke in das kranke Leben: Die Sprache der Internisten ist so komplex, dass selbst diese nur fünf Prozent davon verstehen.

Als Kinderchirurg darf der irakischstämmige, 1980 in Wien geborene Sarsam das sagen. Und was für ein leidenschaftlicher Chirurg er ist! Am liebsten renkt er Kinderarme wieder ein, die von "Drohnengroßvätern" ausgekegelt wurden, weil sie Kinder ruckartig am Arm ziehen. Es gibt nur eine Haltung, in der der Arm dann nicht schmerzt.

Ein freundlicher Spinner

Sarsam verstellt die Stimme, singt, beatboxt, verzieht das Gesicht, spielt mit dem ganzen Körper. Sein Humor ist im besten Sinn freundlich und kann wohl keiner Fliege eins zuleide tun, nur Spinnen!

Neben dem Beruf geht es auch um Familie. Etwa fordert er ein "Karenzroulette", weil anders keine Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen zu erreichen sei. Er ist inzwischen zweifacher Vater und trägt er aus seinem Karenztagebuch vor: kein Platz im Bett, Kreuzschmerzen, ein Frühstück, bei dem der Kleine "die Schwerkraft" an Nektarinen auf die Probe stellt. Wem Sarsam noch nicht sympathisch war, dem ist er es jetzt.

Außer natürlich, der Arzt verhaut es sich in der Schlusskurve noch mit Impfverweigerern. Mit "Querflatterern" und "Herdenidiotie" in einem Fledermausalbtraum dringt Corona in die zweite Abendhälfte ein. Wirklich zündende Pointen sind Sarsam dazu nicht eingefallen, zur Kompensation gibt es aber ein Lied über einen Impfvordränglerbürgermeister. Der Refrain ist klar: "Vaccination for the nation". Hoch vergnüglich und musikalisch top! (Michael Wurmitzer, 24.9.2021)