Es waren 172 Tage. So lange, nämlich fünf Monate, zwei Wochen und fünf Tage, mussten die Deutschen nach der Bundestagswahl 2017 auf eine neue Regierung warten.

In die Länge gezogen hatte sich die Partnersuche, weil zunächst die Gespräche über ein Jamaika-Bündnis aus Union, FDP und Grünen platzten. Dann musste die Groko, bevor die Unterschriften unter den Koalitionsvertrag kamen, auch noch von der SPD-Basis per Mitgliederentscheid abgesegnet werden.

Noch am Wahlabend dürfte das große Buhlen von Olaf Scholz (SPD), Annalena Baerbock (Grüne ) und Armin Laschet (CDU) um Koalitionspartner beginnen. Wer wen überzeugen kann, ist derzeit offen.
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Nach der Wahl am Sonntag nun, fürchten viele in Berlin, könnte es erst recht lange dauern und kompliziert werden. Denn es dürfte diesmal auf ein Dreierbündnis hinauslaufen. Zur Wahl stehen mehrere Optionen, nicht alle haben gleich große Chancen.

Große Koalition: Wenn es rechnerisch reicht, wäre natürlich ein "Weiter so" zu zweit, aber mit neuem Personal möglich. Doch dies gilt als äußerst unwahrscheinlich. "Komplett undenkbar", nennt SPD-Vize Kevin Kühnert diese Option und droht mit Rückzug, sollte sich die SPD noch einmal als Juniorpartnerin mit der Union einlassen.

Umgekehrt ist es kaum vorstellbar, dass sich eine geschlagene Union als Nummer zwei in eine große Koalition unter Führung der SPD begibt. Unionskanzlerkandidat Armin Laschet hat es zwar nicht völlig ausgeschlossen, doch dass die CSU dabei mitmachen würde, darf stark bezweifelt werden.

Wer ihre Wunschpartner wären, haben sowohl Laschet als auch Scholz kundgetan. Der CDU-Chef möchte am liebsten nur mit der FDP regieren – so wie zwischen 2009 und 2013. Dem SPD-Kanzlerkandidaten schwebt ein Bündnis bloß mit den Grünen vor – wie von 1998 bis 2005. Doch für beides wird es nicht reichen. Es bleiben, abgesehen von der großen Koalition, folgende Optionen:

Ampelkoalition: Zur Not würde Scholz zu den Grünen auch noch die FDP mit ins Boot nehmen. Allerdings gäbe es große Haken. FDP-Chef Christian Lindner lehnt kategorisch neue Steuern ab. SPD und Grüne hingegen wollen die Wohlhabenden zur Finanzierung der Corona-Folgen zur Kasse bitten. "Für eine Ampel fehlt mir die Fantasie", sagt Lindner. Aber ganz ausgeschlossen hat er dieses Bündnis auch wieder nicht.

Jamaika: Ein Jamaika-Bündnis wird auch schwarze Ampel genannt. Zusammen regieren würden CDU/ CSU, Grüne und FDP. Nach der Bundestagswahl 2017 gab es Jamaika-Sondierungen, doch diese ließ Lindner mit dem berühmten Satz "Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren" platzen. Diesmal aber will er mitregieren, am liebsten als Finanzminister.

Spießen dürfte es sich bei der Klimaschutzpolitik. Die Grünen wollen härtere Maßnahmen, Union und FDP warnen, dass man auch das Wohl der deutschen Wirtschaft im Auge haben müsse.

Rot-Rot-Grün: "Ich mache es nicht" – diesen Satz wollte Laschet im Laufe des Wahlkampfes immer wieder dezidiert von Scholz hören, wenn die Rede auf ein linkes Bündnis aus SPD, Grünen und Linkspartei kam.

Doch Laschet biss auf Granit, Scholz sprach zwar von Leitlinien (Bekenntnis zur Nato), die für alle Koalitionen unter seiner Führung gelten würden. Explizit ausschließen wollte er eine Zusammenarbeit mit der Linken aber nicht.

Deutschland-Koalition: Möglich dürfte auch ein Bündnis aus Union, SPD und FDP sein, ein solches regiert seit kurzem in Sachsen-Anhalt. Der Wunsch, es nach Berlin zu bringen, ist aber nicht groß.

Kenia-Koalition: Ebenfalls in Sachsen-Anhalt gab es das erste Bündnis aus CDU, SPD und Grünen. Es regierte von 2016 bis 2021. Eine Wiederholung auf Bundesebene gilt aber als ebenso unwahrscheinlich wie eine Deutschlandkoalition. Weder Grüne noch FDP wollen "Anhängsel" einer erweiterten großen Koalition sein.

Eines haben Laschet, Scholz und die Grüne Annalena Baerbock gemeinsam: Sie alle schließen eine Zusammenarbeit mit der AfD aus. (Birgit Baumann aus Berlin, 24.9.2021)