Das muss man als Newcomer erst einmal schaffen. 33 Jahre alt ist Georg Günther, Chef der Jungen Union in Mecklenburg-Vorpommern und Mitarbeiter des Finanzamtes in Stralsund. In der letzten Wahlkampfwoche steht er ebendort auf einer Bühne neben Kanzlerin Angela Merkel. Bevor er seine Rede hält, wird er auch noch als ihr möglicher Nachfolger im Kanzleramt angekündigt. Und niemand lacht.

Aber gemach, gemach, so schnell geht es nicht. Alles der Reihe nach. Zunächst tritt CDU-Mann Günther am Sonntag erst einmal an, um Merkels Mandat zu übernehmen. Der Bundestagswahlkreis Vorpommern-Rügen – Vorpommern-Greifswald hat die Nummer 15 in Deutschland und zählt zu den berühmtesten. Es war 31 Jahre lang der Wahlkreis der jetzigen Kanzlerin, Merkel hat ihr Mandat dort seit 1990 achtmal direkt gewonnen.

Georg Günther (CDU) will den Wahlkreis von Angela Merkel gewinnen.
Foto: AFP / John MacDougall

Nun will Günther, der sich selbst eher als liberal einstuft, von dort seine Karriere starten. "Die Kanzlerin hat auch mal hier angefangen", sagt er nicht ohne Selbstbewusstsein zum STANDARD. Er verrät, dass sie ihm "den einen oder anderen Tipp gegeben hat".

Im Gymnasium des 9.300-Einwohner-Städtchens Grimmen war Günther schon Schulsprecher. Er engagierte sich für besseres Schulessen und einen neuen Sportplatz. Nach der Matura absolvierte Günther an der Fachhochschule Güstrow das Studium zum Diplom-Finanzwirt.

Zur CDU kam er, weil diese sich in der Region für Arbeitsplätze eingesetzt habe. Wenn es Günther in den Bundestag schafft, dann möchte er sich dort auch in die Steuerpolitik einarbeiten. Sein Ziel: Vorschriften verschlanken, Pendlerpauschale erhöhen. Letzteres ist wichtig in einem Flächenland wie Mecklenburg-Vorpommern.

Mit der Schule bei Merkel zu Besuch

Gleichzeitig aber, versichert Günther, wolle er nicht die Arbeit im Wahlkreis vernachlässigen und für den vollständigen zweigleisigen Ausbau der Bahnstrecke Stralsund–Lübeck kämpfen. Merkel kümmerte sich in den 16 Jahren ihrer Kanzlerschaft ja vor allem um die Regierungsgeschäfte. "Leider war ich nie eine ganz normale Bundestagsabgeordnete", räumte sie zum Abschluss bei einem Besuch in Stralsund ein.

Apropos Besuch: Im Berliner Kanzleramt bei Merkel war Günther schon mal im Rahmen einer Klassenfahrt. Er weiß natürlich, dass ihm die vielen Bezüge zu Merkel helfen. Aber er sagt auch: "Ich bin schon sehr eigenständig Georg Günther." (Birgit Baumann, 23.9.2021)