Psychotherapeutin und Psychiaterin Elisabeth Wagner gibt Tipps für den Wiedereinstieg in den Job nach einem Burnout.
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Oft werde ich gefragt: Wie lange dauert eigentlich so ein Burnout-Syndrom? Nicht nur im Bereich psychischer Störungen, auch bei den meisten somatischen Erkrankungen sind verschiedene Verlaufsformen bekannt. Bei Corona-Infektionen haben wir uns daran gewöhnt – von asymptomatischen Verläufen bis zur Intensivstation ist da alles möglich.

Ähnlich gibt es beim Burnout-Syndrom unterschiedliche Schweregrade. Von einem unkomplizierten Burnout-Syndrom würde ich sprechen, wenn ein psychisch gesunder Mensch mit einer grundsätzlich positiven Einstellung zum Leben und zur Arbeit aufgrund einer außergewöhnlichen beruflichen Belastung, häufig auch in Kombination mit einer familiären Belastung wie z. B. einem pflegebedürftigen Angehörigen, ein schweres Erschöpfungssyndrom erleidet. Hier genügt meist eine drei- bis sechswöchige Auszeit, um sich zu erholen. Spezifische Behandlungsmaßnahmen können den Regenerationsprozess unterstützen, sind aber nicht zwingend erforderlich.

Angst vor der Arbeit

Viel Häufiger sind aber komplexere Verlaufsformen, bei denen die Erschöpfung von Panikattacken oder körperlichen Beschwerden wie Tinnitus, Herzrhythmusstörungen, Blutdruckkrisen begleitet wird. Wenn sich die chronische Stressreaktion in dieser Art im Körper manifestiert, ist meist mit einer längeren Beeinträchtigung zu rechnen. Krankschreibungen zwischen sechs und zwölf Wochen sind hier die Regel, spezifische Behandlungsmaßnahmen wie eine psychiatrische Rehabilitation oder eine qualifizierte Psychotherapie sind unbedingt nötig.

Lange Krankenstände mit unzureichender Behandlung sind in diesen Fällen problematisch, da vor dem Hintergrund der zunehmenden Erschöpfung meist Insuffizienzgefühle und Versagensängste entstanden sind. Oft kulminiert dieses Erleben von Überforderung in einer Panikattacke. Aber selbst wenn dies nicht der Fall ist, kann der Arbeitsplatz zunehmend ängstlich besetzt werden: die Betroffenen erholen sich zwar, aber es entsteht daraus keine Zuversicht, den Anforderungen des Arbeitslebens genügen zu können. Ich höre regelmäßig Sätze wie: "Eigentlich geht es mir ja wieder ganz gut. Aber wenn ich nur an die Arbeit denke, kommt sofort wieder die Angst. Ich kann weder mit meiner Chefin telefonieren noch eine Mail schreiben."

Wiedereinstieg

Im Unterschied zur Erschöpfung, die durch Erholung von allein abklingt, vergehen diese Ängste aber nicht von allein. Im Gegenteil – durch die Vermeidung des angstbesetzten Reizes kann sich diese Angst in einem langen Krankenstand bei insuffizienter Behandlung noch verfestigen. Bei der Behandlung des Burnout-Syndroms ist daher darauf zu achten, dass aktive Problembewältigung und nicht Vermeidungsverhalten gefördert wird. Lange Wartezeiten auf einen Platz in einer Rehabilitationseinrichtung tragen zur Chronifizierung der Beschwerden bei und sind daher nicht nur ein individuelles, sondern auch ein volkswirtschaftliches Problem.

Um sich selbst den Wiedereinstieg ins Berufsleben zu erleichtern, ist in vielen Fällen anfänglich eine Reduktion der Arbeitsbelastung sinnvoll. Dies kann im Rahmen einer Wiedereingliederungsteilzeit erfolgen: Nach einem mindestens sechswöchigen Krankenstand wird die Wochenarbeitszeit für maximal neun Monate um 25 bis 50 Prozent reduziert, wodurch Behandlungsmaßnahmen und Aktivitäten, die die psychische Stabilität fördern – Sport, Bewegung in der Natur, Sozialkontakte, kreatives Tun –, fortgesetzt werden können. Der Nachteil an der Wiedereingliederungsteilzeit ist: Man hat als Arbeitnehmer keinen Anspruch darauf, der Arbeitgeber muss sie nicht gewähren. (Elisabeth Wagner, 28.9.2021)