Noch bevor die Steuerreform fertig verhandelt ist, gibt es eine Botschaft der türkis-grünen Koalition zu dem Projekt. Die Grünen drängen auf eine ökologische Wende. Sie wollen weg von klimaschädlichen Subventionen, CO2-Emissionen sollen teurer werden. Die ÖVP will eine Entlastung für Unternehmer, was als Stärkung des Wirtschaftsstandortes verkauft werden soll. Was beide eint: Die Koalition propagiert die Entlastung der "kleineren und mittleren Einkommen", der "Leistungsträger".

Die Grünen drängen auf eine ökologische Wende. Sie wollen weg von klimaschädlichen Subventionen, CO2-Emissionen sollen teurer werden.
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Gut auf den Punkt bringt das Kanzler Sebastian Kurz in einem Video auf der Plattform Tiktok: "Nun wird sich zeigen, ob Leistung und Eigenverantwortung weiter Maxime unseres Handels sind. Ob arbeiten gehen, sich anstrengen, einen Beitrag leisten, sich auszahlt in Österreich", so Kurz auf Tiktok.

Was soll sich also für arbeitende Menschen ändern – und wer genau wird entlastet? Auf den ersten Blick ist die Antwort simpel. Mehr Geld wird es jetzt vor allem für Bezieher höherer und mittlerer Einkommen geben, nicht für Niedrigverdiener.

Stufenweise Besteuerung

Warum das so ist? Die Antwort darauf hat viel mit der Art und Weise zu tun, wie Einkommen vom Staat besteuert werden. Das System basiert auf Stufen. Bis 11.000 Euro ist der Verdienst steuerfrei, dann greift der Staat mit 20 Prozent zu – bis zu einem Einkommen von 18.000 Euro. Dann kommt die nächste Stufe und wieder eine. Auch wer mehr verdient, durchläuft also alle Stufen: Die ersten Euro werden gar nicht oder geringer besteuert, die letzten höher.

Die Koalition will die Tarifstufen zwei und drei senken: Wer ein Jahreseinkommen von 18.000 bis 31.000 Euro hat, soll für diesen Gehaltsteil statt bisher 35 nur noch 30 Prozent Steuer zahlen. Wer 31.000 bis 60.000 verdient, soll dafür statt 42 nur 40 Prozent zahlen.

Über eine Website des Sozialministeriums lässt sich simulieren, wie eine solche Abgabenänderung wirkt. Teilt man die Einkommensbezieher in fünf Gruppen, zeigt sich: Niedrigverdiener profitieren gar nicht, sie verdienen zu wenig. Die größte Entlastung in absoluten Zahlen bekommt das Fünftel der höchsten Einkommensbezieher. Ihnen stünden pro Monat im Schnitt netto 82 Euro mehr zur Verfügung.

Mehr Geld wird es jetzt vor allem für Bezieher höherer und mittlerer Einkommen geben, nicht für Niedrigverdiener.
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Ein paar Beispiele: Wer 2270 Euro netto im Monat hat, gewinnt 35 Euro. Bei 3930 Euro steigt das Plus auf 92 Euro. Bei 1677 Euro ändert sich für einen Single nichts. Das ist ein Wesen der Entlastung via Einkommenssteuer in Österreich: Oben kommt mehr an als unten.

Ist die Regierung also unsozial?

"Ärmel aufkrempeln"

So lässt sich das nicht sagen. Bereits 2020 wurde der Eingangssteuersatz von 25 auf 20 Prozent gesenkt. Das gilt für den Verdienst zwischen 11.000 bis 18.000. Das hat Niedrig- wie Gutverdienern geholfen. Am Beginn der Kanzlerschaft von Kurz stand außerdem tatsächlich eine reine Entlastung der Geringverdiener. Noch unter Türkis-Blau wurden Bezieher kleiner Einkommen bis 1500 Euro brutto monatlich über einen Sozialversicherungsbonus von 300 Euro im Jahr entlastet. Im vergangenen Jahr wurde der Bonus von der türkis-grünen Regierung auf 400 Euro angehoben.

Auf der sozialpolitischen Flanke sind also ÖVP und Grüne gegen Angriffe von links abgesichert. ÖGB und Arbeiterkammer unterstützen die Steuersenkungspläne der Regierung für Arbeitnehmer jedenfalls.

Diskussionen wird es an anderer Stelle geben. Nichts von den Steuerplänen haben Arbeitslose und Bezieher der Mindestsicherung.

Die Regierung will auch den Kinderbonus anheben. Das ist ein jährlicher Steuerabsetzbetrag von 1500 Euro. Diese Gutschrift können nur jene voll nutzen, die genug verdienen und Steuern zahlen. 166.000 Kinder bekommen keinen Bonus, weil ihre Eltern über 330 Tage arbeitslos waren. Ob sich das nun ändert? Wie sagt Kurz im Tiktok-Video: Nun werde sich zeigen, "ob wir eine Gesellschaft sind, in der Menschen die Ärmel aufkrempeln und nicht nur die Hand aufhalten".

Was sind nun aber die entscheidenden Fragen bei der Steuerreform abseits der Entlastung von Arbeitnehmern? Ein Überblick:


1. "Sollen wir Unternehmer entlasten?"

Wenn Finanzminister Gernot Blümel am 13. Oktober seine Budgetrede hält, wird er für Unternehmer gute Nachrichten parat haben.
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Noch wird verhandelt, doch die Marschrichtung ist klar. Wenn Finanzminister Gernot Blümel am 13. Oktober seine Budgetrede hält, wird er für Unternehmer gute Nachrichten parat haben. Bereits im Koalitionsabkommen haben sich ÖVP und Grüne darauf verständigt, parallel zur ökosozialen Steuerreform Unternehmer zu entlasten. Die Körperschaftsteuer soll von 25 auf 21 Prozent sinken. So hat es sich die ÖVP gewünscht.

Die Grünen wehren sich noch mit Händen und Füßen. Sie schlagen alternativ vor, die Lohnnebenkosten zu senken. Aber Wirtschaftskammer und Industrie wünschen sich weniger Gewinnsteuern. Die ÖVP wird also kein Interesse haben, hinter den Koalitionspakt zurückzugehen.

Schwieriger argumentierbar

Aber macht es Sinn, Unternehmen zu entlasten? Die Kosten der Aktion lassen sich abschätzen. 2019, in einem Nicht-Corona-Jahr, das sich für langfristige Aussagen besser eignet, lagen die Einnahmen des Staates aus der Körperschaftssteuer bei 9,5 Milliarden Euro. Sollte der Steuersatz von 25 auf 21 Prozent sinken, ergäbe sich daraus ein Einnahmeausfall von 1,5 Milliarden. Die Körperschaftsteuer ist nicht die wichtigste Steuer. Der Staat langt bei Beschäftigten und via Umsatzsteuer stärker zu. Aber 1,5 Milliarden sind keine Peanuts.

Das gilt umso mehr, weil eine Senkung der Unternehmenssteuern schwieriger zu argumentieren ist als eine Entlastung der Beschäftigten. Bei der Einkommenssteuer wirkt sich die kalte Progression aus, das ist eine schleichende Steuererhöhung. Diese kommt zustande, weil die Einkommenssteuer in Stufen steigt: Je mehr jemand verdient, umso eher fällt er in eine höhere Steuerstufe. Durch Gehaltssteigerungen, etwa die Inflationsanpassung, steigt der Anteil des Einkommens von Beschäftigten, der höher versteuert wird. Darum ist es kein Geschenk, wenn Arbeitnehmer alle Jahre entlastet werden: Der Staat gibt zurück, was er davor extra eingenommen hat.

Bei der Körperschaftsteuer gibt es keine kalte Progression. Jeder Euro Gewinn wird mit 25 Prozent versteuert. Warum also entlasten?

Im Wettbewerb mithalten

Ein Argument lautet, Österreich müsse tätig werden, um im Wettbewerb mithalten zu können. In Ländern wie Ungarn und Tschechien ist die Steuerlast für Konzerne mit neun und 19 Prozent tatsächlich niedriger. Auch im EU-Schnitt zahlen Unternehmen etwas weniger Gewinnsteuern. Aber beim wohl wichtigsten Mitbewerber, Deutschland, liegen die Unternehmenssteuern bei 30 Prozent, wie ein Vergleich der Steuerberater von KPMG zeigt.

Aus dieser Perspektive hat Österreich also wenig Druck. Die Wirtschaft boomt zudem. Die Investitionen haben 2021 laut dem Ökonomen Simon Loretz vom Forschungsinstitut Wifo stark angezogen, nicht zuletzt wegen der Investitionsprämie, die Betrieben gewährt wurde. Österreichs Unternehmen suchen so viele Arbeitskräfte wie nie zuvor. Zu argumentieren, es brauche eine Steuersenkung, damit Betriebe investieren, geht sich kaum aus.

Den Unternehmen geht es also gut, eine Entlastung kostet Geld. Eine einfache Begründung, warum jetzt die Steuern sinken sollten, gibt es nicht. Trotzdem gibt es auch Argumente dafür. So zeigt die wissenschaftliche Literatur, dass eine Senkung der Körperschaftssteuer die Investitionstätigkeit ankurbelt. Laut dem Ökonomen Loretz bringt jeder Prozentpunkt an niedrigerer Körperschaftssteuer zusätzliche Investitionen in Höhe von 0,4 bis 1,3 Prozent.

Das deutsche Ifo-Institut hat errechnet, dass für jeden Euro, auf den der Staat verzichtet, die Investitionen im Privatsektor um 1,10 Euro steigen. Gesamtwirtschaftlich hat das Auswirkungen: Das unternehmernahe Forschungsinstitut Eco Austria hat einmal geschätzt, dass die Wirtschaftleistung dauerhaft um 0,7 höher läge, würden die Gewinnsteuern von 25 auf 19 Prozent sinken.

Wenn Unternehmen mehr investieren, mehr Maschinen kaufen, nimmt der Staat mehr ein: Die tatsächlichen Kosten der Maßnahme sind also weniger als 1,5 Milliarden Euro. Laut Schätzung des Budgetdienstes könnte es sogar bloß eine Milliarde kosten.

Die Frage lautet, ob dieses Geld besser verwendet werden könnte. Studien dazu gibt es nicht, dafür jede Menge Wertungen. Die Ökonomin Margit Schratzenstaller vom Wifo sieht "Zukunftsinvestitionen in Bildung, Betreuung, Forschung und Klimaschutz als vordringlich" an. Wenn zusätzlich entlastet werden soll, müssten die Spielräume dafür im Budget erst geschaffen werden. Monika Köppl-Turyna, Chefin von Eco Austria, sagt: Eine Körperschaftsteuersenkung sei standortpolitisch ein wichtiges Signal, vor allem weil eine Dekarbonisierung der ganzen Wirtschaft mit einer CO2-Steuer anstehe.


2. "Wie besteuern wir CO2 am besten?"

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Ein CO2-Preis von 25 Euro je Tonne würde bedeuten, dass der Literpreis für Treibstoff um rund sieben Cent steigt
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Die Liste der Forderungen wird täglich länger. Die Mieter müssten bei der geplanten CO2-Steuer jedenfalls unterstützt werden, und den Pendlern sei die Mehrbelastung auch nicht zumutbar. Die Aufzählung ließe sich nahezu unbegrenzt verlängern, beinahe stündlich kommen Vorschläge von Politikern. Dabei steht noch nicht einmal fest, wie hoch der Einstiegspreis bei der geplanten Besteuerung fossiler Brennstoffe in den Bereichen Verkehr und Gebäude (Hausbrand) tatsächlich sein wird.

Die 25 Euro pro Tonne, mit denen Deutschland gestartet ist, sind den Grünen zu wenig, wie man hört. Man könne nicht unter dem aktuellen Preis des nördlichen Nachbarn anfangen, denn dort steigt der Preis stufenweise bis 2026 und beträgt im Jahr 2022 bereits 30 Euro. Dass die Austro-Grünen ambitionierter vorgehen wollen, liegt auf der Hand. Denn auch die deutsche Schwesterpartei kritisierte den Startpreis als zu niedrig, die große Koalition in Berlin ließ sich – vor allem die SPD pochte darauf – davon aber nicht abbringen.

Das Tauziehen in Österreich ist also voll in Gang. Denn der massive Handlungsbedarf in den Sektoren Verkehr und Gebäude ist unbestritten. Mit einem stufenweisen Anstieg, um Verbraucher fossiler Brennstoffe sowie Energieproduzenten und Verkäufer in die Gänge zu bringen, ist die Regierung zumindest nicht auf dem falschen Weg. Das empfehlen Experten und auch die Weltbank.

Echte Anreize zur Vermeidung von Treibhausgasausstoß gehen von einem CO2-Aufschlag im Centbereich freilich nicht aus. Denn derartige Schwankungen sind Verbraucher gewohnt, die Weltmarktpreise für Heizöl, Benzin, Diesel und Erdgas steigen und fallen ständig, und es nimmt kaum jemand Notiz davon.

Bei 25 Euro wären es knapp sieben Cent, die auf den Literpreis für Treibstoff aufgeschlagen würden. "Das liegt unter den Schwankungen an Tankstellen", rechnete Wifo-Umweltökonomin Angela Köppl laut APA vor. 13 Cent machte der Aufschlag bei einem CO2-Preis von 50 Euro aus – das wäre schon eher spürbar, zumal es sich, auf gut Österreichisch, zusammenläppert.

Fixpreis und Zertifikate

Auf Schiene scheint in Verhandlungskreisen die grundsätzliche Vorgangsweise zu sein: Neben einem Fixpreis, der von Jahr zu Jahr steigt, soll in Österreich ein eigenes Emissionshandelssystem eingerichtet werden, dem Mineralölfirmen, Heizölhändler und Gasimporteure unterworfen werden. Diese Unternehmen müssten bei einer erst einzurichtenden Stelle pro Tonne CO2-Emissionszertifikate kaufen, diesfalls zu einem (politisch) festgelegten Fixpreis.

Um den so erzeugten CO2-Preis (künstlich) zu erhöhen und damit Anreize zu schaffen – oder um Druck auszuüben –, die Heizung des Einfamilienhauses von Öl oder Gas auf Wärmepumpe oder Pellets umzustellen, wird die in Umlauf befindliche Zahl an CO2-Zertifikaten jedes Jahr gekürzt.

Ab 2026 käme dann eine Zäsur, zumindest nach der Regie der EU-Kommission. In diesem Jahr wäre der CO2-Preis dann nicht mehr national und auf den Cent kalkulierbar, denn ab dann soll dieser nationale CO2-Preis einen Marktwert bekommen. Denn nach dem Willen der EU-Kommission soll mit dem Green Deal ein zweites europaweites Handelssystem für Zertifikate aufgesetzt werden. Dieses neue System für Verkehr und Gebäudesektor ist nicht zu verwechseln mit dem seit 2005 bestehenden Emission Trading System (ETS) für Industrie und Energieversorger.

Nun übertrumpfen sich Politiker aller Couleur bei Vorschlägen für Entlastungsmaßnahmen. Denn die staatlich verordneten Preissteigerungen kommen zu Mineralöl- und motorbezogener Versicherungssteuer noch hinzu. Heizgas und -öl werden ab Jänner zudem mit Zuschlägen für den Ausbau der erneuerbaren Energien verteuert. Entlastungen sind notwendig, weil die Haushalte die Kosten der Wärmedämmung und für den Weg zur Arbeit mit dem Auto (wo es keine oder zu wenige Öffis gibt), nicht schultern können.

Die Vermeidungskosten, wie Wärmedämmung oder Heizungstausch, sind ungleich höher als in der Energie- oder Spritverbrennung, sagt Wifo-Umweltökonomin Claudia Kettner-Marx. Deshalb seien Ausgleichsmaßnahmen wie ein Ökobonus – die Grünen nennen ihn bereits Klimabonus – unerlässlich. Die Umrüstung werde ohne Investitionsförderung für einkommensschwache Haushalte nicht passieren. Die Kosten schlagen bis auf die Mieten durch, denn Hausbesitzer werden Wärmedämmung, Umrüstung auf grüne Fernwärme oder Grüngas auf die Mieter überwälzen.

Die Pendlerpauschale steht als Speckgürtelförderung, die Zersiedelung und Bodenversiegelung vorantreibt, in der Kritik. Wie lange sie erhalten bleibt, ist unklar. Noch will die ÖVP die Steuerbegünstigung in Flächenbundesländern wie der Steiermark, Ober- und Niederösterreich aufrechterhalten. Sie könnte dann "Mobilitätsbonus für die Landbevölkerung" heißen.


3. "Können wir uns die Steuerreform leisten?"

Die Staatsverschuldung Österreichs ist von 70 Prozent der Wirtschaftsleistung vor Corona auf heuer rund 84,5 Prozent gestiegen. Die Kosten der Pandemie sind noch nicht überwunden.
Foto: Imago / Gottfried Czepluch

Das Geld ist abgeschafft. Diesen Eindruck kann gewinnen, wer die türkis-grünen Pläne zur Steuerreform betrachtet. Die Senkung der Körperschaftsteuer würde zu Beginn jährlich 1,5 Milliarden Euro kosten. Dazu kommen noch rund 2,3 Milliarden Euro an Einnahmen, die dem Staat durch die Senkung der Einkommenssteuer entgehen. Geplant ist weiters ein höherer Kinderbonus. Gewerkschaft und Arbeiterkammer wollen, dass dabei auch Kinder von Arbeitslosen profitieren. Die Industrie will zudem noch einen Extrabonus für Investitionen.

Selbst wenn die Regierung nicht alle Wünsche erfüllt und Dinge nicht auf einmal kommen – die Körperschaftsteuer dürfte in Etappen sinken –, bleibt die Frage, ob sich der Staat all das leisten kann.

Krise ist nicht verdaut

Fest steht, dass die Kosten der Pandemie noch nicht verdaut sind. Die Staatsverschuldung Österreichs ist von 70 Prozent der Wirtschaftsleistung vor Corona auf heuer rund 84,5 Prozent gestiegen. Das schätzte das Wifo in einer Prognose vom Juni. Die Neuverschuldung soll 2023 bei minus 1,5 Prozent liegen. Über drei Prozent darf das Defizit nicht klettern, das geben die EU-Budgetregeln vor.

Diese sind zwar bis 2022 ausgesetzt. Aber Finanzminister Gernot Blümel pocht auf deren Einhaltung in späteren Jahren. Somit wäre der Spielraum für Steuersenkungen zwar vorhanden. Aber für zusätzliche Investitionen oder Ausgaben bliebe wenig Raum. Vor allem weil die Regierung, soweit bekannt, keine Einsparungen plant. Im Gegenteil. Erst vergangene Woche wurde eine Extraerhöhung für Kleinpensionen fixiert.

Dazu kommt als Problem, dass Österreich sich gegenüber der EU verpflichtet hat, mittelfristig ein strukturelles Nulldefizit zu erreichen. Bei der Berechnung wird das tatsächliche Defizit um Konjunkturschwankungen bereinigt, es sollte dann nicht über 0,45 Prozent liegen. Laut Zahlen aus dem Frühjahr würde Österreich diese Vorgaben 2023 verfehlen. Dann müsste also ein Sparpaket her, selbst ohne Steuersenkungen.

Allerdings sind diese Rechnungen groben Unsicherheiten unterworfen. Die Wirtschaft hat sich zuletzt besser entwickelt als gedacht. Mit jeder Prognose wurden die Erwartungen optimistischer. Schon im Oktober wird das Wifo eine Rechnung vorlegen, laut der es mehr Spielräume gibt. Zugleich sinkt die Zinsbelastung Österreichs dank der lockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank. Das schafft weitere Spielräume. In der EU wird zudem über ein Ende der strengen Budgetregeln diskutiert.

Aus heutiger Sicht kann sich also alles ausgehen, muss es aber nicht. Viel Spielraum bliebe dann nicht.

Eines ist fix: Die kalte Progression wird dem Finanzminister wieder helfen. Der Mechanismus dahinter beginnt nach jeder Einkommenssteuersenkung zu wirken. Das sorgt dafür, dass der Staat selbst dann, wenn er Abgaben senkt, schon bald beginnt, wieder mehr einzunehmen. (András Szigetvari, Luise Ungerboeck, 25.9.2021)