Gehörte in den 1990ern zur Riege der Supermodells: Linda Evangelista. Seit einer missglückten Operation war sie kaum noch in der Öffentlichkeit zu sehen.

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Es gehört eine große Portion Selbstüberwindung dazu, sich eingestehen zu müssen, "brutal entstellt" zu sein. Das ist für niemanden leicht. Schon gar nicht, wenn man erstens nichts dafürkann und zweitens sein ganzes Leben Kapital aus seiner Schönheit gezogen hat. Wie also muss sich Linda Evangelista gefühlt haben, als sie letzten Mittwoch ihre rund eine Million Follower via Instagram wissen ließ: "Ich bin, wie die Medien es beschrieben haben, ‚nicht wiederzuerkennen‘."

Die 56-Jährige, die im Guardian als eines der berühmtesten und einflussreichsten Models aller Zeiten bezeichnet wird, steht neben Claudia Schiffer, Naomi Campbell und Cindy Crawford für eine Ära – die der Supermodels –, die in den 1990er-Jahren begann und jahrelang das Bild der Modeindustrie prägte und bis heute nachwirkt. Die gebürtige Kanadierin mit italienischen Wurzeln wurde 1978 bei einem Modelcontest entdeckt, zog nach New York, dockte bei der renommierten Modelagentur Elite an und schaffte schließlich den Durchbruch.

Anlass zu Spekulationen

Evangelista galt in der Folge als "Muse" Karl Lagerfelds, über den sie einst sagte, er habe ihre Karriere überhaupt erst ermöglicht, sie zierte das Cover der Vogue, warb unter anderem für L’Oreal und lieh Prada ihr Gesicht. Legendär, für alle, die mit MTV aufgewachsen sind, ist ihr Auftritt im Musikvideo zum Song Freedom von George Michael.

In den letzten Jahren war es allerdings ruhig um sie geworden. Nur selten postete sie neue Bilder von sich in den sozialen Medien. Und wenn, dann war ihr Gesicht, bedeckt durch ein Tuch oder einen Hut, nur teilweise zu sehen. Die Gründe dafür boten Anlass zu Spekulationen.

Diese hat das Ex-Supermodel nun mit den eingangs zitierten, dramatischen Worten endgültig ausgeräumt. Ein schönheitschirurgischer Eingriff zur Fettzellenreduzierung, "Coolsculpting" genannt, dem sie sich 2015 und 2016 unterzog, sei dafür verantwortlich. Dieser habe sie "deformiert", denn die Operation habe ihre Fettzellen vergrößert statt verkleinert.

Der Leidensdruck muss gewaltig sein, das lässt sich aus ihrem Statement her auslesen: Der verpfuschte Eingriff habe sie in eine depressive Einsiedlerin verwandelt. Sie sei es leid, so zu leben, und wolle wieder erhobenen Hauptes vor die Tür gehen.

Es folgte eine Welle der Sympathie. Alte Weggefährtinnen würdigten ihren Mut, auch die neue Modelgarde meldete sich. So schrieb etwa Gigi Hadid aufmunternd: "Schönheit kann einem nicht genommen werden." (Markus Böhm, 25.9.2021)