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Evergrande hält den Finanzmarkt in Atem. Eine anstehende Zinszahlung wurde nicht bedient. Die Aktie ging wieder auf Talfahrt.

Foto: Reuters / Aly Song

Der chinesische Immobilienkonzern Evergrande hat am Freitag eine Zahlungsfrist für Anleihenzinsen verstreichen lassen. Jetzt steigt bei Investoren erneut die Furcht vor einem Zusammenbruch des hochverschuldeten Konzerns. Die Aktien, die sich am Vortag etwas erholt hatten, brachen erneut um zwölf Prozent ein.

Der zweitgrößte Immobilienentwickler Chinas hat Schulden von mehr als 300 Milliarden Dollar aufgetürmt. Experten fürchten, dass ein Kollaps schwere Folgen für das chinesische Finanzsystem hat. Die chinesische Zentralbank pumpte daher erneut Geld in das Bankensystem, um die Finanzmärkte zu beruhigen. Seitens der Regierung kam aber bislang nichts Offizielles zu möglichen Staatshilfen. Das "Wall Street Journal" hatte unter Berufung auf Insider berichtet, Behörden in Peking hätten Lokalregierungen darum gebeten, Vorbereitungen für einen möglichen Zusammenbruch von Evergrande zu treffen.

Auswirkungen begrenzen

"Die Regierung in Peking wird wohl versuchen, größere Verwerfungen zu verhindern und vor allem die Verluste der chinesischen Bevölkerung in Grenzen zu halten", erklärte LBBW-Analyst Frank Klumpp. Evergrande hat zudem Finanzberater engagiert, die eine Restrukturierung ausarbeiten sollen. Einzelne Banken in China stoppten nun die Kreditvergabe für Immobilienentwickler, wie Reuters aus Finanzkreisen erfuhr. "Es wird davon ausgegangen, dass nicht nur Evergrande, sondern auch einige andere Entwickler am Rande einer Liquiditätskrise oder sogar einer Insolvenz stehen", sagte ein Insider bei der Bank of Shanghai.

Für Bauprojekte in weniger populären Städten sei es viel schwieriger geworden, Darlehen zu bekommen, sagte eine andere Person beim Vermögensverwalter Huarong. Andere Banken verlangten inzwischen mehr Sicherheiten. Rund 30 Prozent des gesamten Kreditvolumens chinesischer Finanzinstitute entfielen zuletzt auf den Immobilienbereich, wie Daten der Zentralbank zeigen.

Investoren hoffen auf Lösung

Investoren hoffen auf ein Eingreifen der Regierung in Peking. Evergrande hatte eigentlich angekündigt, Zinsen in Höhe von 83,5 Millionen Dollar für eine Übersee-Anleihe ausschütten zu wollen. Die Inhaber der Anleihe hätten aber weder das Geld noch eine Nachricht des Unternehmens erhalten, sagten zwei mit der Sache vertraute Personen zu Reuters. Unklarheit herrschte auch über Zinszahlungen von 47,5 Millionen Dollar, die in den kommenden Tagen fällig werden.

Für Evergrande beginnt nun eine 30-tägige Nachfrist, nach der der Konzern offiziell in Verzug geraten würde. Zinsen für einen heimischen Bond wurden zuletzt bedient. "Die Regierung in Peking denkt wohl, dass sie Gläubiger aus dem Ausland anders behandeln kann", sagte Karl Clowry, Partner beim Brokerhaus Addleshaw Goddard.

Spiel auf Zeit

"Je länger die Politik wartet, bevor sie handelt, desto höher ist das Risiko einer harten Landung", warnten Analysten der Bank Société Générale. "Wir sind besorgt über die möglichen Auswirkungen auf die Realwirtschaft." Bei Evergrande arbeiten 200.000 Menschen, mehrere Millionen Arbeiter werden jährlich für Bauprojekte angeheuert.

Zudem haben viele Kleinanleger Geld in Evergrande-Finanzprodukte investiert. Einige von ihnen stürmten vor ein paar Tagen die Zentrale des Unternehmens und verlangten ihr Geld zurück. Analyst Jackson Chan vom Online-Broker Bondsupermart erwartet, dass Evergrande die 30-tägige Frist nun voll ausnutzt, um eine mögliche Unterstützung des Staates abzuwarten.

Die EZB versucht, die Märkte zu beruhigen. Die Probleme von Evergrande seien auf China zentriert, sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde. (Reuters, 24.9.2021)