Wenn viele Individuen mitmachen, können sie Dinge zum Abheben bringen – wie dieses im englischen Snettisham, Norfolk, aufgenommene Bild eines Vogelschwarms zeigt.

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Aktien und andere Veranlagungen haben für junge Menschen seit der Corona-Pandemie stark an Bedeutung gewonnen. Dank der Mischung aus ausreichend Zeit und Geld während der Lockdowns und des leichten Zugangs über Trading-Apps auf dem Smartphone ist im Vorjahr viel Geld in Wertpapiere geflossen. Und es war keine Eintagsfliege, wie eine Umfrage des schwedischen Zahlungsdienstleisters Klarna ergibt: Demnach zeigen weltweit zwei Drittel der Personen zwischen 18 und 35 Jahren hohes Interesse an den eigenen Finanzen – in Österreich sind es sogar 74 Prozent. Fast jeder Zweite will dabei zu Wertpapieren greifen.

Zudem zeigen Untersuchungen heimischer Banken, dass auch Österreicher anderer Altersklassen wegen des Nullzinses langsam, aber sicher von ihren ertraglosen Sparbüchern ablassen. Und sofern das Geld der Kunden nicht als Einlage droht, sondern in diverse Wertpapiere fließt, ist es höchst willkommen. Von diesem Kuchen wollen auch die heimischen Plattformen für Crowdinvesting ein größeres Stück abhaben. Allein, die EU-Verordnung, die dies ab 10. November ermöglichen würde, harrt in Österreich der Umsetzung in nationales Recht.

Knappes Eigenkapital

Ein Gesetz ist aber Voraussetzung, dass Crowdinvesting-Plattformen künftig grenzüberschreitend anbieten können. Dazu bedarf es nämlich einer Konzession, die von einer Behörde vergeben werden muss. Laut einem Gesetzesentwurf soll dies die Finanzmarktaufsicht (FMA) werden. Für die Plattformen sei diese Unsicherheit problematisch, kritisiert der Fachverband der Finanzdienstleister. Ihm zufolge wollen sich etwa fünf heimische Crowdinvesting-Plattformen für eine EU-Zulassung bewerben.

Eine davon ist der Wiener Branchenpionier Conda. Geschäftsführer Daniel Horak ist zuversichtlich, im weiteren Verlauf des nächsten Jahres mit einer EU-Lizenz loslegen zu können. Diese biete nämlich weitere Vorteile: Statt bisher ab zwei Millionen Euro Finanzierungsvolumen müssten Emittenten dann erst ab fünf Millionen einen teuren Finanzprospekt erstellen. Zudem dürften Plattformen dann auch Wertpapiere vermitteln, was derzeit nicht der Fall ist.

Denn Horak empfindet Nachrangdarlehen, die übliche Finanzierungsform bei Crowdinvesting, gewissermaßen als "Krücke". Bei diesen tragen Anleger verkürzt gesagt zwar das Risiko einer Aktie, bringen aber nur einen gewissen Zinsertrag. Schon jetzt versuche Conda, die Geldgeber mit Bonuszinsen, die vom Firmenerfolg abhängen, auch an der Wertentwicklung teilhaben zu lassen.

Bedarf nach Aktienemissionen

Künftig Aktien und andere Wertpapiere in Europa anbieten zu können empfindet Horak dennoch als "nächsten Professionalisierungsschritt". Der Bedarf dafür sei jedenfalls da, sagt er unter Verweis auf den chronischen Eigenkapitalmangel heimischer Mittelständler – die Horak als Zielgruppe fest im Blick hat. Zumal Conda bereits Aktienemissionen heimischer Unternehmen als Technologielieferant unterstützt hat. Die Transaktionen mussten die Firmen dann auf eigenen Plattformen durchführen. Horak nennt als Beispiele die Ökostrom AG oder das IT-Unternehmen Techbold.

Die neue Firma von Damian Izdebski, Gründer des 2014 in die Pleite geschlitterten PC-Händlers DiTech, benötigt Kapital für den Zukauf von vier Firmen. Beschafft wurde es von 169 Anlegern, die insgesamt Aktien im Wert von 1,9 Millionen Euro erwarben – womit das Angebot ausgeschöpft wurde, wie Techbold vergangene Woche erklärte. Ihren Unternehmenswert beziffert die Firma übrigens mit 15,5 Millionen Euro.

Finanzierungslücke

Conda-Chef Horak glaubt, mit derartigen Finanzierungen, die eben bald auch über die eigene Plattform laufen sollen, eine Lücke zu schließen. Ausgebaut wurde inzwischen aber auch das Geschäft mit klassischen Schwarmfinanzierungen, etwa durch eine Kooperation mit der Erste Bank. Unternehmen werde eine Komplettfinanzierung angeboten, wobei der Eigenmittelanteil über Crowdinvesting aufgebracht wird. Conda werde sich weiterhin auf Firmenfinanzierungen konzentrieren, sagt Horak, und den Bereich Immobilien anderen überlassen.

Crowdinvesting erzielte übrigens im Vorjahr in Österreich ein fast sechsprozentiges Marktwachstum: Laut dem Branchenportal crowdcircus.com wurden insgesamt 72,3 Millionen Euro mit einem durchschnittlichen Zinssatz von 6,51 Prozent finanziert. Mehr als drei Viertel der Summe flossen allerdings in Immobilienprojekte. (Alexander Hahn, 23.9.2021)