Noch einmal hatte Olaf Scholz die Nase vorn. Der SPD-Mann war der erste der drei Kanzlerkandidaten, der am Freitag bei den Abschlusskundgebungen zur Wahl seiner Partei aufrief. Scholz sei so fit, dass man das Gefühl habe, er könne noch drei Monate Wahlkampf machen – so kündigte ihn SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil an.

"Wir brauchen einen Aufbruch in Deutschland, wir brauchen einen Regierungswechsel, wir brauchen eine von der SPD geführte Regierung!", rief Scholz dann in die Menge – und die Genossinnen und Genossen in Köln jubelten. Dort, in der Domstadt, waren sie noch einmal zusammengekommen, um Scholz Wind unter die Flügel zu geben.

Olaf Scholz buhlte am Freitag in Köln um Stimmen.
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Einerseits kann Scholz beruhigt in die Wahl gehen. Die SPD liegt auch in letzten Umfragen noch vor der Union. Andererseits: Der Vorsprung ist mit drei Punkten knapp, und so mancher in der SPD warnt vor statistischen Ungenauigkeiten.

In der sogenannten "TV-Elefantenrunde" vor der Wahl hatte sich Scholz aber siegessicher und auch recht optimistisch gezeigt, was ein zukünftiges Bündnis angeht. Seine Wunschpartner wären ja die Grünen. Doch dafür wird es, laut den letzten Umfragen, jedoch nicht reichen. Scholz aber sagte dennoch vor laufenden Kameras zur grünen Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock: "Vielleicht geht es ja auch zu zweit."

Finale auch für Baerbock

Baerbock trat am Freitag nicht weit von Scholz, nämlich in Düsseldorf auf, nachdem sie zuvor in Köln am Protesttag von Fridays for Future teilgenommen hatte. Beim Abschluss hatte sie Robert Habeck an ihrer Seite, der angesichts der wieder stark gesunkenen Umfragewerte im Morgenmagazin von ZDF und ARD erklärt: "Wir sind nicht da, das muss man einfach zugeben, wo wir hätten sein wollen.

Doch auch er warb noch einmal eindringlich um grüne Stimmen: Nur mit einer starken Ökopartei könne man schon früher aus der Kohle aussteigen als 2038.

Die Unions-Spitzen versammelten sich am späten Nachmittag in München am Nockherberg. Nicht nur Kanzlerkandidat Armin Laschet und CSU-Chef Markus Söder hatten sich angesagt, sondern auch Kanzlerin Angela Merkel. Ihr österreichischer Amtskollege Sebastian Kurz hatte angekündigt, in einer Videobotschaft noch einmal Mut für den Wahltag machen zu wollen.

Die Unions-Spitzen versammelten sich am Freitag in München am Nockherberg.
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Merkel war am Dienstagabend gemeinsam mit Laschet in ihrem Wahlkreis in der Hansestadt Stralsund aufgetreten – die Kanzlerin zum ersten Mal überhaupt in diesem Wahlkampf auf einem Marktplatz. Dort allerdings war sie mit Pfiffen empfangen worden.

In ihrer letzten Arbeitswoche vor der Wahl fuhr sie noch ein zweites Mal in den Norden, um sich von ihrem Wahlkreis zu verabschieden. Bei einem Besuch im Vogelpark Marlow wurde sie heftig von gefiederten Tieren umschwärmt.

Angela Merkel bei ihrem Besuch im Vogelpark Marlow.
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Am Samstag legen sie und Laschet noch einen drauf und treten ein letztes Mal vor dieser Wahl gemeinsam in Laschets Heimatstadt Aachen auf. Das wird dann der letzte Dienst Merkels für den Unions-Kanzlerkandidaten sein.

"Ich tue alles, dass wir eine bürgerlich geführte Regierung bekommen", erklärte dieser im ARD/ZDF-Morgenmagazin. Auch FDP-Chef Christian Lindner sprach sich für eine Jamaikakoalition aus Union, Grünen und FDP aus. "Es ist kein Wunschkonzert. Aber richtig ist, dass mit Union und Grünen es einfacher ist als mit SPD und Grünen", so der FDP-Vorsitzende.

Gemeinsame Quarantäne

Ihre politische Wunschpartnerschaft unterstrichen Lindner und Laschet auch noch dadurch, dass sie – unabhängig voneinander – erklärten, am liebsten mit dem jeweils anderen in Quarantäne zu gehen, wenn dies denn nötig sei.

Laschet fügte noch an, er würde zudem Baerbock mitnehmen. Mit Lindner, der auch aus Nordrhein-Westfalen stammt, sei er ohnehin befreundet, aber die grüne Kanzlerkandidatin müsse er noch besser kennenlernen.

Einen Dienst hätte Söder Laschet und auch sich selbst noch erweisen wollen – und das (wohl) scherzhaft. Er hatte daher in Schweinfurt, der letzten Station seiner Stadiontour durch Bayern, vorgeschlagen, man möge jene in die Irre führen, die noch nicht sicher seien, ob sie CSU wählen sollten. "Gute Idee, lass dir noch eine Woche Zeit, die Wahl ist erst nächste Woche", solle man diesen sagen, schlug Söder vor und fuhr mit den Worten fort: "Es ist jetzt wirklich ernst."

Daraufhin gingen bei der Staatsanwaltschaft Anzeigen gegen Söder wegen versuchter Wählertäuschung ein. Doch die Staatsanwaltschaft sah keinen Anlass für ein Ermittlungsverfahren, da Söder offensichtlich einen Scherz gemacht habe. (Birgit Baumann aus Berlin, 24.9.2021)