Parteien nutzen Facebook-Werbung für den Wahlkampf.

Foto: ZDF Magazin Royale/Screenshot

Am Sonntag entscheidet sich bei der deutschen Bundestagswahl, welche Partei den nächsten Regierungschef stellen wird. Der Wahlkampf läuft im Vorfeld auch in sozialen Medien auf Hochtouren, abhängig von Interessen werden Nutzern dort individualisierte Werbeanzeigen aufgetischt.

Dahinterstehende Mechanismen sind allerdings intransparent, Informationen darüber, wie das Targeting funktioniert, wird nicht preisgegeben. In einer Recherche hat das "ZDF Magazin Royale" deshalb 134.000 maßgeschneiderte politische Werbeschaltungen auf Facebook analysiert – die zeigen, dass sich alle im Bundestag vertretenen Parteien mit sogenanntem Microtargeting gezielt kleine Personengruppen ansprechen und teils widersprüchliche Botschaften verbreiten.

Andere Gruppe, andere Werbung

Die FDP zeigte Menschen mit "grünen" Interessen demnach Werbung an, laut der die Partei für mehr Klimaschutz eintrete und sich für CO2-Limits einsetze. Einer Zielgruppe namens "Vielreisende" wurde gleichzeitig vermittelt, dass man keine "staatlichen Maßnahmen, Freiheitseinschränkungen oder Verbote" wolle, wenn es um Herausforderungen des Klimawandels geht.

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Facebook-Werbung des Linken-Abgeordneten Diether Dehm, in denen er offenbar Zweifel an im Westen entwickelten Corona-Impfstoffen säht, richteten sich unterdessen an Personen, die sich für den russischen Fernsehsender Russia Today oder den Verschwörungserzähler Ken Jebsen interessieren.

Es zeigte sich zudem, dass auch staatliche Stellen im Wahlkampf das Microtargeting des Social-Media-Konzerns einsetzten. Damit haben sie möglicherweise gegen ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts verstoßen, das Staatsorganen verbietet, "unter Einsatz staatlicher Mittel" politische Parteien "zu unterstützen oder zu bekämpfen, insbesondere durch Werbung die Entscheidung des Wählers zu beeinflussen", heißt es in der Recherche.

Who Targets Me?

Möglich machten die Recherche Zuseher der ZDF-Sendung. In Zusammenarbeit mit der Transparenzinitiative "Who Targets Me" wurden diese im April 2021 dazu aufgerufen, eine Browsererweiterung zu installieren, mit der Microtargeting-Daten automatisch und anonymisiert protokolliert werden. Zwischen April und September wurden demnach 17.451 Personen 134.000 Facebook-Werbungen angezeigt.

Facebook sagt in einer Stellungname, dass die Werbemöglichkeiten auf der eigenen Plattform mit anderen Online-Plattformen und Online-Medien vergleichbar seien. "Im Unterschied dazu bietet Facebook mit der öffentlichen Werbebibliothek eine Transparenz, die online wie offline ihresgleichen sucht." Zwar sei diese nicht perfekt, man verbessere sie allerdings stetig und auf Basis von Experten-Feedback. Das Magazin Royale kritisiert die erwähnte Transparenzdatenbank hingegen als lückenhaft. Tausende Anzeigen, darunter Parteiwerbungen, seien in dieser nicht enthalten. (mick, 25.9.2021)