Bild nicht mehr verfügbar.

Deutsche Würste, französische Funkgeräte. Die deutsche Bundeswehr setzt auf traditionelle Werte.

Foto: KAY NIETFELD / REUTERS

Dass die Mühlen beim Militär oftmals langsamer mahlen als andernorts, kennt man auch aus Österreich ganz gut. In guter Erinnerung ist dabei die Posse rund um den Abgang von Windows XP: Nicht nur, dass man die veraltete Betriebssystemversion selbst nach dem offiziellen Supportende noch länger in Verwendung hatte – und sich so mangels Sicherheitsaktualisierungen zusätzlicher Gefahr aussetzte; soll das österreichische Bundesheer auch jahrelang Raubkopien der Microsoft-Software eingesetzt haben. Was wiederum dazu führte, dass fast vier Millionen Euro nachgezahlt werden mussten.

Gutes Geschäft

Was dem österreichischen Bundesheer die Retro-Software ist, scheint dem deutschen Pendant die Retro-Hardware zu sein. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Wie der Spiegel berichtet, investiert die Bundeswehr satte 600 Millionen Euro in den Nachbau von Funkgeräten aus dem Jahr 1982. Der Grund dafür: Der Wechsel auf neuere, digitale Geräte verzögert sich seit Jahren immer wieder aufs Neue. Das bringt die Bundeswehr in eine schwierige Lage, immerhin kommt es im Betrieb natürlich regelmäßig zu Schäden, es braucht also Ersatz. Die jetzt gewählte Lösung hat dabei den Vorteil, dass sie direkt in die damit ausgestatteten Fahrzeuge passt.

Vorgeschichte

Bei den Funkgeräten handelt es sich um einen Nachbau des SEM 80/90, das die Stuttgarter Firma Standard Elektrik Lorenz dereinst für die Landstreitkräfte der Bundeswehr entwickelt hat. Dieses arbeitet im Frequenzbereich von 30 bis 79,975 MHz und kann mit einer Datenübertragungsrate von 16 Kbit/s aufwarten.

Den damaligen Hersteller gibt es zwar nicht mehr, seine Reste wurden aber vom französischen Rüstungskonzern Thales übernommen, die sich jetzt über den Großauftrag freuen darf. Kassiert man dabei doch 20.000 Euro pro Exemplar für die Retro-Hardware. Ein entsprechender Rahmenvertrag soll im Juli unterzeichnet worden sein. Die Geräte sollen dabei von ihren Eckdaten her wirklich 1:1 dem Original entsprechen, da jede Modernisierung eine – langwierige – Neuausschreibung nach sich gezogen hätte.

Ausblick

Sonderlich große Ambitionen für die Umrüstung auf ein digitales System scheint man dabei nicht zu hegen. Jedenfalls sollen die jetzt bestellten, analogen Funkgeräte laut dem neuen Plan bis zum Jahr 2035 eingesetzt werden. (apo, 26.09.2021)