Die Behauptung, der Wahlerfolg in Oberösterreich sei der Liste MFG einfach in den Schoß gefallen, wäre ungerecht: Die Unterstützer von Joachim Aigner und seinem Team sind für den Wahlerfolg gelaufen. Im übertragenen Sinn – Aigners kleines Wahlkampfteam zog von Dorf zu Dorf und von Gasthaus zu Gasthaus – ebenso wie im Wortsinn: Vor zwei Jahren hat Aigner, Sohn eines Fliesenlegers aus Hohenzell, einer Nachbargemeinde von Ried im Innkreis, Laufen zu seinem Hobby gemacht – und über das Laufen kommuniziert.

Der Steuerberater Joachim Aigner führt die Impfgegnerliste MFG an.
Foto: imago images/Rudolf Gigler

Wie der 1976 geborene und in seiner Kanzlei mit neun Beschäftigten im Gewerbepark von Schildorn seit dem Jahr 2000 tätige Steuerberater überhaupt ein Talent hat, in öffentlicher Kommunikation gewinnend zu wirken. Jahrelang tat er das als Unternehmensberater bei Veranstaltungen zu Steuerthemen – und jetzt eben zu Rechtsfragen rund um die Pandemiepolitik.

Im Wahlkampf für seine Liste Menschen, Freiheit, Grundrechte erklärte er in freundlicher Direktheit, warum für alle Menschen die Unschuldsvermutung gelten muss – und leitete daraus ab, dass es für alle Menschen auch eine "Gesundheitsvermutung" geben sollte, man also nicht laufend seine Gesundheit beweisen müsste.

So stieß er auch im Mai dieses Jahres zu der drei Monate zuvor gegründeten Bewegung – und wurde im Juli in die Sprecherrolle und damit zum Spitzenkandidaten im Land ob der Enns gewählt. In dieser Rolle hat er sich mit lockeren Auftritten – mal im T-Shirt, mal im graublauen Anzug, selten mit Krawatte – vom eher hölzern wirkenden Bundessprecher Michael Brunner abgehoben. Ehefrau Conny sagte am Wahlabend stolz, dass das Ergebnis zeige, "dass die Leut’ was anderes wollen, nicht dieses starre System" – und dafür stehe eben ihr Mann.

Dieser hat sich mit einfachen Botschaften – "Schluss mit allen Corona-Maßnahmen in Österreich!" oder "Glaub nicht alles, was dir gesagt wird!" – Gehör verschafft und bei Servus TV den ersten Fernsehauftritt absolvieren dürfen. Von anderen Medien weitgehend ignoriert, sicherte er sich mit seinen Auftritten auf Facebook Aufmerksamkeit. So machte er sich zum Aushängeschild der Impfgegner – und postete zwischendurch immer wieder ein Hundebild: Er liebt die Rasse Jack Russell, laut Experten "ein lebhafter und mutiger Hund mit viel Selbstvertrauen". Und er liebt seine Familie – vier Söhne bzw. Stiefsöhne, denen er "staatliche Unterdrückung ersparen" will. (Conrad Seidl, 26.9.2021)