Die Schweizerinnen und Schweizer haben am Sonntag ihr Ja-Wort gegeben, indem sie sich in einem Referendum klar für die Ehe für alle aussprachen – und zwar laut dem Meinungsforschungsinstitut GFS Bern fast mit Zweidrittelmehrheit. Damit schließt die Eidgenossenschaft auf zu anderen Staaten, wo gleichgeschlechtliche Paare bereits zivilrechtlich heiraten können. Die Regierung in Bern und beide Kammern des Parlaments stehen hinter der Gesetzesänderung.

Feierstimmung: Das Referendum über die Ehe für alle wurde zum Erfolg.
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Die Ehe für Gleichgeschlechtliche soll die "heutige Ungleichbehandlung beseitigen", hieß es von der Regierung. "Alle Paare sollen heiraten können und so die gleichen Rechte und Pflichten haben." Auch Verbände von Schwulen und Lesben, die sich in dem Komitee "Ja, ich will" zusammenschlossen, hatten mit Nachdruck die Ehe für alle gefordert. Zwar seien Homo- und Bisexualität in der Schweiz gesellschaftlich "weitgehend anerkannt", schrieb das Komitee vorab, "trotzdem sind gleichgeschlechtlich liebende Menschen in unserem Land rechtlich nicht gleichgestellt, weil sie nicht heiraten können und ihnen somit wichtige Rechte verwehrt bleiben." Das widerspreche der Verfassung, die das Recht auf Ehe und Familie garantiere und Diskriminierung aufgrund der Lebensform verbiete.

In der Tat war bisher eine Eheschließung nur zwischen Mann und Frau möglich. Gleichgeschlechtlichen Paaren war es bis jetzt verwehrt, ein Kind gemeinsam zu adoptieren. Sie hatten auch keinen Zugang zur Fortpflanzungsmedizin.

Die Schweizerische Volkspartei (SVP) und konservative Gruppen setzten sich für eine Bewahrung der alten Zustände ein. Sie argumentieren mit dem Kindeswohl und der Staatsräson. Regenbogenfamilien könnten die traditionelle Familie nicht ersetzen. "Die Ehe heterosexuellen Paaren vorzubehalten ist (...) ein legitimer und sachlich begründbarer Akt der Selbsterhaltung", so der SVP-Abgeordnete David Zuberbühler.

Gegen Reichensteuer

In einer zweiten Abstimmung lehnten die Schweizer am Sonntag die sogenannte 99-Prozent-Initiative klar ab. Hinter der Initiative standen die Jungsozialisten. Sie forderten stärkere Abgaben auf Kapitaleinkommen und versprachen eine Entlastung von 99 Prozent der Bevölkerung. (Jan Dirk Herbermann aus Genf, 26.9.2021)