Der neuen deutschen Regierung, wie auch immer sie dann letztlich aussehen wird, hinterlässt die alte etliche Baustellen: Kritiker und Kritikerinnen der Regierung unter Angela Merkel behaupten, viel zu viele. Denn Merkel habe vor allem während ihrer letzten Amtszeit nur mehr verwaltet, nicht mehr gestaltet. Tatsächlich bleibt viel zu tun für die Neuen am Ruder. Vor allem hat natürlich die unvorhersehbare Corona-Pandemie der Innenpolitik einen anderen Fokus aufgezwungen.

Wahlparty vor dem Reichstagsgebäude in Berlin.
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·Die Zukunft mit Corona Die Corona-Pandemie ist für alle Regierungen weltweit derzeit eine große Herausforderung. Merkels diesbezügliche Politik war und ist von großer Vorsicht und Restriktionen geprägt, die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Bundesländer wollten oft nicht mit. Auch für den Neuen wird der Umgang mit der Pandemie Priorität in allen Politikbereichen haben; vor allem aber, was Gesundheitssystem, Arbeitsmarkt, Rentensystem und Bildungspolitik betrifft. "Jetzt entscheidet sich, wohin Deutschland in den nächsten 50 Jahren steuert", meint Marcel Fratzscher, einer der renommiertesten Ökonomen des Landes.

·Standortwettbewerb Überregulierung, hohe Energiepreise, veraltete Infrastruktur, ineffiziente Verwaltung, Digitalisierungsrückstand – all das wirft man dem Wirtschaftsstandort Deutschland bei all seiner zentralen Bedeutung in Europa vor. Das Magazin Wirtschaftswoche zitiert den Top-Ökonomen Gabriel Felbermayr mit dem Satz: "Technologisch und logistisch sind unsere Unternehmen in vielen Bereichen nach wie vor Spitze – der Standort Deutschland insgesamt ist hingegen in keinem sonderlich guten Zustand." Der Finanzplatz Frankfurt am Main rutschte jüngst im weltweiten Finanzplatz-Ranking der Londoner Denkfabrik Z/Yen Group von Platz neun auf Rang 14 ab und gehört damit nicht mehr zu den Top Ten.

·Klimapolitik Obwohl Angela Merkel zu Beginn ihrer Kanzlerschaft das Klimathema erst auf die europäische Agenda rückte, hatte Deutschland in den Jahren danach keine konsequente Klimapolitik vorzuweisen. Erst seit den Fridays-for-Future-Protesten wurden wieder viele ambitionierte Klimaziele gesteckt. Diese zu erreichen, obliegt nun den zukünftigen Regierungen. Das deutsche Bundesverfassungsgericht bescheinigte der aktuellen Regierung im Frühling, dass die bisherige Klimapolitik zu lasch sei. Die Starkregenkatastrophe im vergangenen Sommer wirkte wie eine Bestätigung dieses Urteils. (Manuela Honsig-Erlenburg, 27.9.2021)