Das freie Spiel der Kräfte beginnt.

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Wahlsieger Olaf Scholz (SPD) will Kanzler werden, Wahlverlierer Armin Laschet (CDU) ebenso. Beide buhlen jetzt um die Grünen und die FDP, um sie in eine Ampel (SPD, Grüne, FDP) oder ein Jamaika-Bündnis (Union, Grüne, FDP) zu locken. Grundsätzlich haben die Ökopartei und die Liberalen keine der beiden Konstellationen ausgeschlossen. Es gibt aber bei vielen Themen Stolpersteine, in vielen Fällen passen Rot und Grün zueinander, ebenfalls Union und FDP. Der Dritte im Bunde müsste dann überzeugt werden.

Eine Ampel regiert aktuell in Rheinland-Pfalz unter Führung von Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD), ein Jamaika-Bündnis in Schleswig-Holstein, angeführt von Ministerpräsident Daniel Günther (CDU). Über eine Ampel wurde im Bund noch nie verhandelt. 2017 aber gab es Sondierungsgespräche zu Jamaika, die allerdings FDP-Chef Christian Lindner mit den Worten "Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren" platzen ließ.

Die Knackpunkte:

  • Klimaschutz: Eines eint Union, SPD und FDP: Die Grünen sind ihnen zu fordernd. Die Ökopartei möchte schon 2030 aus der Kohle aussteigen, nicht erst 2038, wie von der jetzigen Regierung geplant. Auch ein frühes Ende des Verbrennungsmotors können sich Union, SPD und FDP im Gegensatz zu den Grünen nicht vorstellen. Einig immerhin ist man sich in einem: Die erneuerbaren Energien sollen ausgebaut werden. Aber auch hier drängen die Grünen am stärksten. Ein Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen fordern Grüne und SPD, dagegen sind Union und FDP.
  • Staatsfinanzen: Hier liegen Union und FDP beim Thema Staatsverschuldung näher beisammen, sie wollen an der "schwarzen Null" und der Schuldenbremse festhalten. Die Grünen fordern eine Reform der Schuldenbremse – so, dass dennoch milliardenschwere Investitionen für Klimaschutz und Infrastruktur möglich sind. Auch die SPD bezeichnet die aktuelle Regelung als "Investitionsbremse".
  • Steuern: Hier passen SPD und Grüne gut zusammen. Beide wollen die Reichen stärker zur Finanzierung der Corona-Krise heranziehen, und zwar mit einer Vermögenssteuer von einem Prozent. Außerdem soll der Spitzensteuersatz steigen. Strikt dagegen sind Union und FDP. Die Liberalen haben sich Steuerentlastungen auf die Fahnen geschrieben und fordern, dass der Spitzensteuersatz erst später greift – was einer Entlastung für Besserverdienende gleichkommt.
  • Mindestlohn: Auch hier gehen SPD und Grüne in dieselbe Richtung, beide wollen eine Erhöhung von 9,50 auf zwölf Euro. Die Union hingegen möchte, dass die Tarifparteien eine Erhöhung des Mindestlohns aushandeln, die FDP sieht es ebenso.
  • Soziales: Kinderrechte ins Grundgesetz, mehr Geld für Langzeitarbeitslose und Sozialhilfeempfänger – Grüne und SPD könnten sich hier wohl gut einigen. Sie wollen das bis heute umstrittene System ("Hartz IV") durch eine Grundsicherung ersetzen. Auch die FPD spricht von einem "liberalen Bürgergeld", in dem Sozialleistungen enthalten sind, und plant, das Schonvermögen höher anzusetzen. Bei der Union soll weiterhin der Grundsatz "Fördern und fordern" gelten, sie tritt auch weiter für Sanktionen ein.
  • Pensionen: Die drei Säulen der Altersvorsorge (gesetzlich, privat, betrieblich) wollen Union und FDP beibehalten, die FDP fordert zudem die Einführung einer gesetzlichen Aktienrente. SPD und Grüne hingegen setzen auf einer Bürgerversicherung, in die auch Selbstständige, Abgeordnete und Beamte einzahlen würden, nicht nur Angestellte.
  • Wohnen: Hier liegen SPD und Grüne wieder beisammen, beide Parteien treten für einen Mietpreisdeckel ein. Union und FDP wollen dies nicht. (27.9.2021)