Der 3D-Druck gilt schon seit vielen Jahren als Synonym für fortschrittliche Fertigungsprozesse. Und tatsächlich gewinnt er auch in der Autoindustrie zusehends an Bedeutung. Weit voraus sind dabei die Luftfahrt- und die Medizintechnik. Dort ist der Kostenrahmen in der Regel großzügiger und der Zwang zu großen Serien geringer. In der Autoindustrie wurde der 3D-Druck bisher vor allem in der Prototypenfertigung eingesetzt. Immer öfter entscheiden sich Hersteller aber nun auch in der Serienproduktion von Automobilen dafür.

Faszinierender 3D-Druck. Scheinbar mühelos können Daten aus dem Computer zu technischen Gebilden aus Kunststoff oder Metallen geformt werden.
Foto: Audi

In Projektgruppen und Spezialprogrammen forcieren viele Autohersteller den Einsatz der digitalen Technik zur hochflexiblen automatisierten Produktion von Bauteilen aus Kunststoff und Metalllegierungen. So hat sich BMW schon vor Jahren an mehreren auf 3D-Druck spezialisierten Unternehmen beteiligt und im Vorjahr einen eigenen Technologiecampus für 3D-Druck eröffnet. Ähnliches gilt für Volkswagen. Gemeinsam mit Siemens (Software) und HP (Drucker) hat man im Sommer mit der Herstellung von Fahrzeugteilen begonnen. BMW hat bis jetzt schon mehr als 300.000 Teile im "additiven Verfahren" gebaut, VW will nachziehen und plant bis 2025 100.000 Teile pro Jahr, zum Beispiel Teile für die A-Säule des VW T-Roc Cabrio.

Beim 3D-Druck handelt es sich um ein sogenanntes additives Herstellungsverfahren. Das heißt. Material wird sukzessive aufgetragen. Das Gegenteil davon sind die gängigen substraktiven Methoden, bei denen Material abgetragen wird, etwa CNC-Fräsen. Dem stehen noch andere Methoden gegenüber wie Spritzguss und Pressen.

Die gewünschte Preisreduktion durch höhere Stückzahlen ist jedoch sehr schwer zu erreichen.
Foto: Daimler

Neu ist die Methode des 3D-Drucks beileibe nicht. Wie so vieles ist der 3D-Druck zuerst in Science-Fiction-Romanen der 1960er-Jahre aufgetaucht. Aber erst in den 2000er-Jahren mit immer leistungsfähigeren Desktopcomputern nahm das Thema richtig Fahrt auf. Anfangs konzentrierte sich das Geschäft auf die Verarbeitung unterschiedlicher Kunststoffe, ab etwa 2015 gewann auch die Verarbeitung von metallischen Werkstoffen rapid an Bedeutung.

Aber die Autohersteller lassen sich inzwischen
einiges einfallen, um auch dieser Technologie zum Durchbruch zu verhelfen.
Foto: BMW

Spielerische Komponente

Interessant dabei: Praktisch von Anfang an hatten auch schon private Anwendungen eine Bedeutung. Die relativ einfache und kostengünstige Umsetzung komplexer Formen verleiht dem Thema auch gleich eine spielerische Komponente. Mindestens zwei Faktoren bildeten aber immer auch einen Bremsklotz in der Verbreitung: stundenlange Fertigungsprozesse und tendenziell geringe Fertigungspräzision.

Foto: Audi

Doch das Kernproblem der eleganten voll computergesteuerten Produktionsmethode des 3D-Drucks liegt in einem Schlüsselbegriff: im Skaleneffekt. Jenem Instrument, das dafür verantwortlich ist, dass so ein hoch komplexes technisches Produkt wie das Automobil überhaupt zu leistbaren Preisen hergestellt werden kann.

Beim 3D-Druck sind zwar die Maschinen zur Herstellung und die Vielfalt an Formen relativ billig zu haben. Durch Steigerung der Stückzahl erreicht man aber kaum mehr eine Kostenreduktion. Das heißt, sobald es in Richtung Serienfertigung geht, wird der 3D-Druck sehr schnell zu teuer. Beim CNC-Fräsen sinkt der Stückpreis mit steigender Serie anfangs steil und verflacht erst allmählich. Beim Spritzguss ist dieser Effekt der Kostenreduktion mit Erhöhung der Stückzahlen noch ausgeprägter.

Foto: Daimler

Das hängt auch damit zusammen, dass das Arbeitstempo eines 3D-Druckers nicht ohne Weiteres erhöht werden kann und das Produkt häufig nachbearbeitet werden muss, um die endgültige Form zu erreichen oder geltenden Qualitätsansprüchen zu genügen.

Trotzdem geben die Autohersteller so schnell nicht auf. Zu faszinierend sind die extrem hohe Flexibilität in der Fertigung und die daraus resultierenden Möglichkeiten für individuelle Anpassung von Produkten an die Wünsche der Kundschaft. Für den 3D-Druck spricht auch, dass immer neue Werkstoffkombinationen immer präziser an die Anforderungen angepasst werden können, in der Formgebung wie auch in der Festigkeit und bei anderen Materialeigenschaften. (Rudolf Skarics, 6.10.2021)