Als "Zen-Steine" oder "zen stones" kann werden nicht nur jene aufeinandergestapelten Kiesel bezeichnet, die man in japanischen Gärten findet – oder an Stränden, wo sie instagramtauglich zur Versinnbildlichung einer bemüht meditativen Mentalität in Szene gesetzt werden. Der Name bezieht sich auch auf ein Naturphänomen, das in Zeiten weit verbreiteter Fotomanipulation bereits als "Fake" abgetan wurde. Ein französisches Forschungsteam ging nun den physikalischen Bedingungen auf den Grund, die für die beinahe schwebenden Steine sorgen.

Die russische Fotografin Olga Zima beispielsweise fing einen solchen Stein, der auf einem winzigen Eispodest sitzt, am Baikalsee ein. Das Foto wurde sogar im Jahr 2016 im "The best of Russia"-Wettbewerb ausgezeichnet. Die museumstaugliche Präsentation des Steines in der Natur ist ohne menschlichen Einfluss entstanden, nötig war dafür das Zufrieren der Wasseroberfläche.

Von Eis zu Wasserdampf

Was genauer dahintersteckt, untersuchten die Physiker Nicolas Taberlet und Nicolas Plihon vom Nationalen Forschungszentrum Frankreichs (CNRS) und der Lyoner Claude-Bernard-Universität im Labor. Sie zeigten in ihrer Veröffentlichung im Fachjournal "PNAS", wie der Schatten, den der Stein wirft, die Entstehung des Podests begünstigt.

Dabei spielt das Phänomen der Sublimation eine Rolle, das in der Physik eine besondere Veränderung des Aggregatzustands beschreibt: Dabei handelt es sich um den Übergang von der festen in die gasförmige Phase, und zwar ohne die Zwischenstufe der Flüssigkeit. Das ist unter bestimmten Druck- und Temperaturbedingungen möglich. Genutzt wird es beispielsweise beim verhältnismäßig schonenden Vorgang des Gefriertrocknens von Lebensmitteln.

Studie mit Videobeweis

Die Sublimation kommt auch natürlicherweise vor, unter anderem offenbar bei den eher selten auftretenden Zen-Steinen und ihrem eisigen Sockel. Der Schatten unter dem Stein schränkt dabei den Übergang von Eis zu Wasserdampf ein, der durch die Sonnenstrahlen bei Temperaturen unter null Grad Celsius bewirkt wird, wie Nicolas Taberlet erklärt. Dadurch bleibt eine schmaler und schmaler werdende Eissäule übrig, die den Stein – oder ein anderes Objekt – trägt.

Zur Veranschaulichung liefern die Forscher auch ein Video, das den Vorgang im Verlauf von rund 27 Stunden dokumentiert. Es fungiert gleichzeitig als Beweismaterial, falls jemand erneut den Vorwurf anbringt, es könne dabei nicht mit rechten (oder natürlichen) Dingen zugehen. (red, 28.9.2021)