Krach in den eigenen Reihen: Jörg Meuthen (links) kritisiert das Ergebnis scharf, das Tino Chrupalla (Mitte) und Alice Weidel als Erfolg werten.

Foto: EpA / Filip Singer

Der Sonntag war bundesweit kein Freudentag für die AfD. Konnte sich die rechtsextreme Partei 2017 mit 12,6 Prozent noch über den dritten Platz freuen, verlor sie nun 2,3 Prozentpunkte und landete mit 10,3 Prozent nur mehr auf dem fünften Platz.

In ihrer Pressekonferenz am Montag zeigten sich dazu gravierende Differenzen bei der Analyse des Ergebnisses. Das Spitzenkandidatenduo Alice Weidel und Tino Chrupalla sah das Ergebnis dabei als Teilerfolg, man solle jetzt nicht in Selbstbeschäftigung verfallen. Co-Parteichef Jörg Meuthen sagte ebendort, man müsse nun auch inhaltliche Fragen stellen. Der Partei sei es nicht gelungen, über die Grenzen der Kernklientel hinaus zu wirken. Wenn man eine Personaldiskussion führen wolle, dann "über das Kandidatenduo", nicht über seinen Posten. Da gehe zwischen ihm und Weidel die Einschätzung tatsächlich auseinander.

Dass zwischen Weidel, Chrupalla und Meuthen nicht alles harmonisch läuft, war freilich schon längere Zeit evident. Der rechtspopulistische EU-Parlamentarier Meuthen distanzierte sich vom mittlerweile aufgelösten rechtsextremen Flügel um den Thüringer Landeschef Björn Höcke. Doch just aus dieser Ecke kam auch Unterstützung für das Spitzenduo.

Im Visier des Verfassungsschutzes

In Thüringen und Sachsen sah die Welt für die AfD am Montag immer noch prächtig aus. Denn hier wurde sie stärkste Partei. In Sachsen stimmten mehr als ein Viertel der Wählerinnen und Wähler für die AfD, in Thüringen immerhin 23,7 Prozent. In beiden Bundesländern steht die AfD unter Beobachtung des Landesverfassungsschutzes, in Thüringen wird sie als "gesichert extremistisch" eingestuft und seit einigen Monaten beobachtet.

Doch die AfD hat sich, etwa in Sachsen, längst etabliert, sitzt in Betrieben, Stadtgremien und Ämtern und wird trotz ihrer rechtsextremistischen Ideologie vor allem in ländlichen Regionen nicht mehr nur als Protestpartei wahrgenommen. Auch bei den jüngsten Wahlberechtigten, den Erstwählerinnen und Erstwählern, lag sie in den Bundesländern Sachsen und Thüringen ganz vorne.

Analyse des deutschen Wahlabends.
DER STANDARD

Anders sieht das Ergebnis in größeren sächsischen Städten aus: Die einzigen Flecken in Sachsen, in denen nicht die AfD, sondern die SPD oder die Grünen vorne lagen, sind in den Wahlkreisen von Leipzig, Chemnitz und Dresden zu finden. Besonders stark ist die AfD in den Wahlkreisen Görlitz und Bautzen, wo sie sogar über 30 Prozent schaffte.

In dem von einem SPD-Bürgermeister regierten Chemnitz haben zwar rechtsextreme Gruppen ihre Netzwerke und Firmen, bei der Bundestagswahl landete die SPD mit 23,4 Prozent dennoch vor der AfD mit 21,6. Doch das sind Ausnahmen in einem Bundesland, das sich nach der Wiedervereinigung Deutschlands besonders abgehängt fühlte und wo Menschen weiterhin rechts außen ihr Heil suchen.

Vier Wahlkreise in Thüringen

In Thüringen, das von einer Minderheitsregierung aus der Linken, der SPD und den Grünen regiert wird, wählten bei der Bundestagswahl nur etwas mehr als elf Prozent die Linke, die damit 5,5 Prozentpunkte verlor, während die AfD sogar 1,3 Prozentpunkte dazugewann und vier von acht Wahlkreisen für sich entschied. Kräftig gewinnen konnte in Thüringen aber auch die SPD, die bei überraschenden 23,4 Prozent landete.

Neben der AfD buhlte auch der ehemalige Bundesverfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen von der CDU mit rechtspopulistischen bis rechtsextremen Sagern um die Stimmen im rechten Wählerpool. Für die CDU war Maaßen während des Wahlkampfs so etwas wie das Enfant terrible, auf das man lieber nicht angesprochen werden wollte. Er war in Südthüringen zum CDU-Kandidaten gewählt worden, weil der bisherige CDU-Bundestagsabgeordnete Mark Hauptmann dort wegen einer Maskenaffäre alle Ämter zurücklegen musste. Maaßen sorgte dann zwar für viel Aufregung, konnte aber das erhoffte Direktmandat nicht gewinnen. Die Klientel der AfD ließ sich offenbar nicht abwerben.

AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel zeigte sich am Tag nach der Wahl trotz Verlusten zufrieden. Vor allem mit dem Osten. (Colette M. Schmidt, Manuel Escher, 27.9.2021)