Auf Merkels Spuren: Anna Kassautzki (links) gewinnt das Merkel-Direktmandat. Auch Olaf Scholz besuchte im Wahlkampf die Hafeninsel Stralsund und Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD).

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Grüne Spitze: Annalena Baerbock und Robert Habeck am Wahlabend.

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Gewinner: Habeck tröstet Baerbock – Die deutschen Grünen sind rein arithmetisch mit einem Plus von fast sechs Prozentpunkten die eigentlichen Gewinner der Wahl. Trotzdem fühlte es sich für Annalena Baerbock, die mit dem Anspruch angetreten war, Kanzlerin zu werden und die Grünen zur Großpartei zu machen, wie eine Niederlage an. Co-Bundesvorsitzender und verhinderter Kanzlerkandidat Robert Habeck tröstete seine Parteikollegin am Wahlabend gönnerhaft. Kein Wunder, denn jetzt ist seine große Stunde gekommen. Bei den Koalitionsverhandlungen wird von ihm Federführung erwartet. Und: Er holte erstmals in Schleswig-Holstein ein Direktmandat. In Baerbocks Wahlkreis Potsdam siegte ein gewisser Olaf Scholz.

Verlierer: CDU-Ministerinnen und -Minister – Einen bitteren Tag mussten Ex-CDU-Chefin und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer, Kanzleramtschef Helge Braun und Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner am Sonntag erleben. Alle Direktmandate in ihren Wahlkreisen gingen an die Kandidaten der SPD.

Gewinnerin: Junge SPD-Politikerin gewinnt Merkel-Kreis – Zum Schluss war Merkel dann doch noch im Wahlkampfeinsatz – entgegen ihren guten Vorsätze. Mit Armin Laschet besuchte sie auch ihren ehemaligen Wahlkreis in Mecklenburg-Vorpommern. Auf dem Alten Markt in Stralsund konnten die beiden schon einen Vorgeschmack auf das Wahlergebnis erleben. Sie wurden doch tatsächlich von einigen ausgepfiffen. Neben Merkel stand der neue CDU-Kreiskandidat, Georg Günther. Gewonnen hat das Direktmandat aber nicht er, sondern die 27-jährige Greifswalder Studentin Anna Kassautzki von der SPD. Am Herzen liegen ihr Umwelt- und Gleichstellungspolitik.

Verlierer: Maaßen unterliegt Olympia-Held – Es war einer der denk- und merkwürdigsten Momente des Wahlkampfes: Eine elfjährige Kinderreporterin nimmt CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet in die Mangel: "Ist Hans-Georg Maaßen ein Rechter?" Laschet antwortet ungeduldig unsympathisch und erlebte eine Blamage. Wie nun Hans-Georg Maaßen (CDU) selbst. Der Ex-Verfassungsschutzchef gilt auch vielen in der eigenen Partei als zu rechts. Die Wähler und Wählerinnen straften ihn ab, das Direktmandat in Südthüringen errang keiner Geringerer als Ex-Biathlon-Olympiasieger Frank Ullrich (SPD). Der ist nur einer von zwei Olympiasiegern im Bundestag. Er wird dort dem früheren Bahnradprofi Jens Lehmann (CDU) begegnen.

Gewinner: Maas siegt in Ministerduell – Der sozialdemokratische deutsche Außenminister Heiko Maas hat das Duell gegen Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) um das Direktmandat im gemeinsamen Wahlkreis Saarlouis gewonnen. Es war das bundesweit einzige Duell zweier Bundesminister.

Verliererin: SPD-Chefin Saskia Esken – Die Schlagzeile kam denkbar ungünstig: "SPD-Chefin Saskia Esken kanzelt Rentner ab", titelte die "Bild"-Zeitung am Samstag. Dann folgte ein Bericht über eine Twitter-Debatte zwischen einem Berliner Kleinvermieter und der SPD-Chefin. Der kleine Schlagabtausch wirbelte viel Staub auf. Ob er allein das schlechte Ergebnis von Esken in ihrem Wahlkreis begründet, ist fraglich. Jedenfalls zieht sie ohne Direktmandat in den Bundestag. Zum Glück gibt es die Landesliste. Esken ist aber nicht die einzige unbeliebte Parteichefin. Auch FDP-Vorsitzender Christian Lindner verfehlte ein Direktmandat deutlich. Er landet im Rheinisch-Bergischen Kreis nur auf Platz vier.

Gewinner: Drei Engel für die Linke – Lange musste die Linke zittern, erst am frühen Montagmorgen konnte sie aufatmen. Die Partei zieht trotz des Wahlergebnisses von nur 4,9 Prozent in den Bundestag ein. Und zwar dank der Direktmandate von Gregor Gysi und Gesine Lötzsch in Berlin sowie Sören Pellmann in Leipzig. Klappen konnte das mithilfe der Grundmandatsklausel: Erreicht eine Partei drei oder mehr Direktmandate, erfolgt eine Mandatsvergabe nach Zweitstimmenergebnis, auch wenn dieses unter fünf Prozent liegt. Die Linke konnte so auf 39 Mandate kommen. (Manuela Honsig-Erlenburg, 27.9.2021)