Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

PRO: Politische Nebenwirkungen

von Markus Rohrhofer

Demokratiepolitisch kann man es durchaus begrüßen, wenn die politische Landschaft bunter wird und, wie jetzt in Oberösterreich, einer Proporzregierung erstmals eine Opposition gegenübersitzt. Demokratiepolitisch bedenklich wird es aber, wenn ein Teil der Opposition aus politischen Nackerpatzerln besteht.

Der Liste MFG (Menschen, Freiheit, Grundrechte) ist es gelungen, völlig aus dem Nichts mit Corona-Schwurbeleien die Gunst der Krisenstunde zu nutzen. Doch sechs Jahre im Landtag können lang sein – vor allem mit nur einem Thema und völlig ohne jede politische Erfahrung.

Der überraschend klare Einzug in den Landtag mit 6,2 Prozent ist nur bedingt ein Verdienst der verhaltensoriginellen Stichgegner. Vielmehr ist er eine kräftige Ohrfeige für die etablierten Parteien in Bund und Land: für die Politik in Oberösterreich, die über Wochen das Thema Corona aussparte, aber auch für die türkis-grüne Bundesregierung, die mit einem Mix aus "Maßnahmen, keine Maßnahmen, vielleicht doch Maßnahmen" das pandemische Verwirrspiel perfektionierte.

Aus einer taktischen Kurzsichtigkeit heraus ist es vor allem der Bundesregierung nicht gelungen, Sorgen, Ängste und Ärger über die aktuelle Maskenlage der Nation zu erkennen und mit einem bürgernahen Corona-Management mehr Akzeptanz in der Bevölkerung zu erreichen. Für diese Ignoranz haben die oberösterreichischen Wähler die Rechnung präsentiert. (Markus Rohrhofer, 27.9.2021)

KONTRA: Bestätigung für Türkis-Grün

von Gerald John

Die Affären, Querelen und Negativschlagzeilen nahmen kein Ende. Die ÖVP geriet in den Strudel der Debatte um Korruptionsverdachte und die mögliche Falschaussage des Kanzlers, die Grünen kämpften gegen den Vorwurf, in der Regierung von Asyl bis ORF ihre Grundsätze zu verraten. Gemeinsam flog den Koalitionsparteien die Kritik an der Anti-Corona-Politik um die Ohren: von den Experten bis zum Boulevard jede Menge schlechte Nachred.

Am Sonntag hatten die Wähler die Chance, den Regierungsparteien – so wie es bei früheren Landtagswahlen geschehen ist – eine Rechnung zu präsentieren. Doch nichts dergleichen geschah. Die ÖVP verteidigte in Oberösterreich locker Platz eins, die Grünen legten sogar zu. Das türkise Debakel in Graz ist wegen lokaler Ursachen als Sonderfall zu werten.

Nun kann man jede Menge Wenn und Aber ins Treffen führen. Ja, die ÖVP war im Land ob der Enns schon viel stärker. Doch der Vergleich mit der Vergangenheit hinkt, zumal die Politlandschaft immer mehr zersplittert. Auch der Hinweis auf das angebliche Potenzial der Grünen bleibt graue Theorie. Fakt ist hingegen der neue Bestwert vom Sonntag.

Mag sein, dass die Corona-Politik Zuspruch gekostet hat. Doch angesichts der schwierigen Umstände darf sich die Regierung bestätigt fühlen. Wer wissen will, wie echte Denkzettel aussehen, frage bei früheren rot-schwarzen Koalitionären nach: Die wurden in weit einfacheren Zeiten hart abgestraft. (Gerald John, 27.9.2021)