Die richtigen Behauptungen bringen einen leichter durchs Leben – ob nun aus modischen oder standestechnischen Gründen. Schon früh wollten sich die Menschen deshalb nicht mit ihrer natürlichen Haarpracht zufrieden geben und sich in ihrer kopflastigen Selbstverwirklichung keine Grenzen setzen lassen. In der Geschichte der Perücken ist deshalb von antiken Schwergewichten bis höfischen Hochbauten so einiges dabei.

Antike Avancen

Schon im alten Ägypten waren Perücken sowohl bei Männern als auch bei Frauen in Mode. Bereits seit den Frühdynastien trugen Adelige, Priesterinnen und Priester sowie die Beamtenschaft Perücken, speziell zu besonderen Feiertagen. Hergestellt wurden sie entweder aus Echthaar oder Pflanzenfasern, welche mit Menschen- und Tierhaaren gemischt wurden.

Bis zu 120.000 Menschenhaare konnten in einer Perücke verwoben werden. Zusammengehalten wurden sie durch Bienenwachs und Harz. Dementsprechend schwer und unpraktisch dürften die Perücken dieser Zeit gewesen sein. Die Frisuren und Haarschnitte variierten. Überliefert ist etwa der "dreiseitige Schnitt", bei dem die Haarpracht in drei Partien am Hinterkopf und an den Seiten unterteilt wurde. Später waren unzählige Ringellöckchen und zerzauste Zöpfe in Mode.

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Echthaarperücken kosten bis zu 3.000 Euro.
Foto: Reuters

Höfische Haarpracht

Während Perücken auch im antiken Griechenland und in Rom immer wieder gefragt waren, steht wohl dennoch die Zeit des Sonnenkönigs Ludwig XIV. für die Blütezeit der Perücke im westlichen Kulturkreis. Entstanden ist der Trend wohl aus persönlicher Eitelkeit.

Der modebewusste Monarch sehnte sich nach einer üppigen Mähne, wie sie zu jener Zeit am Hof in Mode war. Allerdings litt er bereits seit seiner Jugend unter Haarausfall – und griff deshalb zur Perücke. Dabei machte er aus der Not eine Tugend und setzte auf ein besonders majestätisches Modell. Die so in Mode kommenden gepuderten "Allongeperücken" sollten gar nicht erst wie natürliches Haar aussehen und wurden schnell zum Statussymbol.

Vielen Adeligen dürfte der Trend zudem gerade recht gekommen sein. Eine große Gruppe unter ihnen hatte ebenfalls mit Kahlheit zu kämpfen, da die auch in der Oberschicht grassierende Syphilis in der Regel mit giftigem Quecksilber therapiert wurde und viele ihre Haare verloren.

Hergestellt wurden die Perücken aus Menschenhaar und, für weniger zahlungskräftige Kundschaft, aus Pferde- und Ziegenhaar. Dass die Perücken an Popularität verloren, hatte unterschiedliche Gründe. Unter anderem wurde der modische Kopfschmuck zu einer immer teureren Sache – in Preußen wurde beispielsweise eine Perückensteuer eingehoben, in Großbritannien wurde Haarpuder besteuert.

Teure Täuschung

Noch heute sind Echthaarperücken nur etwas für die Gutbetuchten unter den schlecht Behaarten. Echthaar gehört zu den teuersten Rohstoffen der Welt. Was nach dem Friseurbesuch vom Boden in den Mülleimer gekehrt wird, kostet auf dem Markt pro Kilo über 500 Euro – und bringt je nach Qualität des Haares sogar mitunter noch deutlich mehr ein.

Im Endprodukt schlägt sich das in den empfindlich hohen Preisen für Echthaarperücken und -haarteile nieder. Bis zu 3.000 Euro kostet die künstliche Haarpracht – allerdings nicht maßangefertigt. Wer sein Haupt mit fremden Federn (oder besser gesagt Strähnen) schmücken will, der muss also tief in die Tasche greifen.

Der emotionale Wert der Fake-Frisur ist dabei aber nicht zu unterschätzen. Wie Pop-Ikone und Meisterin der Perücken Lady Gaga es ausdrückte: "Die Perücken füllen die leeren Stellen in meinem Herzen." (Antonia Rauth, RONDO exklusiv, 11.10.2021)