Vielfalt sollte laut der Studie nicht nur das Geschlecht, sondern auch Faktoren wie sexuelle Orientierung, Religion, Behinderung, Alter, Ethnizität und Hautfarbe umfassen.

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Während diverse Teams international als wichtiger Wettbewerbsvorteil gesehen werden, verspricht sich in Österreich nur knapp jedes zweite Unternehmen daraus wirtschaftliche Vorteile. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Umfrage unter 300 Unternehmen aus ganz Österreich seitens der Marktforschung Karmasin im Auftrag des Consultingunternehmens Ward Howell. Befragt wurden von Mai bis Juli Eigentümer, Geschäftsführer, leitende Mitarbeitende und HR-Beauftragte.

Vorteile werden vor allem in einer höheren Zufriedenheit und Loyalität der Beschäftigten (76 Prozent) und besseren Chancen als Employer-Brand (74 Prozent) gesehen. Knapp ein Drittel verfolgt den Ansatz der Diversität und Inklusion, weil es Eigentümer, Investoren und andere Stakeholder verlangen. Nur ein Prozent sieht eine Notwendigkeit darin, soziale Verantwortung zu übernehmen.

Wenig divers

Der Frauenanteil im Management liegt bei den befragten Unternehmen bei 34 Prozent, also weit unter der Hälfte des gesamten Führungsteams. Kongruent damit ist der geringe Prozentsatz von nur zwölf Prozent der Befragten, die bei Besetzungen bereits Geschlechterquoten eingeführt haben. Auch anonymisierte Bewerbungsprozesse, die keinen Rückschluss auf Geschlecht und Nationalität zulassen, kommen nur in 13 Prozent der Firmen zum Einsatz.

Auch wenn bereits von etlichen Unternehmen infrastrukturelle Maßnahmen für Menschen mit Behinderung umgesetzt werden, ist deren Anteil in den Betrieben immer noch verschwindend gering. "Der Anteil von Menschen mit Behinderung ist mit zwei Prozent ernüchternd. Dennoch ist zu erkennen, dass vorurteilsfreies Rekrutieren in Bezug auf Alter, Geschlecht, Herkunft, Religion oder Behinderung laut 40 Prozent der befragten Unternehmen bereits umgesetzt wird", sagt Natalie Bairaktaridis, Managing Partner Ward Howell International. Aufholbedarf sei dennoch in vielen Dimensionen gegeben.

Handlungsbedarf

Wie groß der Handlungsbedarf in Österreichs Unternehmen im Bereich Diversität und Inklusion ist, zeigt die Frage nach konkreten Maßnahmen und Umsetzungsschritten: In dem Fünftel, das bereits Maßnahmen umsetzt, haben die Klein- und Mittelbetriebe die Nase vorn. Hier sind es 24 Prozent aller Firmen, die sich bereits konkret in der Implementierung von Projekten befinden. Bei den Unternehmen über 200 Beschäftigten sind es hingegen nur 19 Prozent. Im Spitzenfeld liegen hier flexible Arbeitszeiten (60 Prozent), Behindertenparkplätze (49 Prozent) und Homeoffice auch nach der Pandemie (46 Prozent).

In Österreich werde in diesem Zusammenhang oft nur an ein ausgewogenes Verhältnis von Männern und Frauen und an Barrierefreiheit gedacht. Vielfalt sollte allerdings nicht nur das Geschlecht, sondern auch Faktoren wie sexuelle Orientierung, Glaube und Religion, Behinderung, Alter, Ethnizität und Hautfarbe umfassen, heißt es in der Studie.

Fehlendes Bewusstsein

Der Großteil der abgefragten Maßnahmen ist meist deutlich weniger als der Hälfte der Unternehmen geläufig. Lediglich rund ein Drittel nutzen beispielsweise Sprachkurse (29 Prozent), ein angepasstes Angebot in der Betriebsküche (34 Prozent), ein transparentes Entlohnungsystem (30 Prozent) oder den Austausch zwischen den Generationen (39 Prozent). Zahlreiche weitere mögliche Maßnahmen wie einen eigenen Betriebskindergarten oder andere Betreuungsmöglichkeiten, Diversity-Management, Einrichten einer Gleichbehandlungsstelle, interne Netzwerke oder Zuschüsse zu Elternkarenz oder Kinderbetreuung nutzen weniger als zehn Prozent.

Auffällig sei außerdem, dass weniger als die Hälfte der Unternehmen gesetzte Initiativen nach außen kommunizieren. Auch eine Evaluierung der Maßnahmen findet bei 45 Prozent der Betriebe nicht statt. "Die Wirksamkeit der Maßnahmen muss seitens der Unternehmen viel stärker nach außen vermittelt werden", sagt Oyvind Bo, Partner von Ward Howell International. "Denn die Vorteile einer diversen und inklusiven Unternehmenskultur sind vielfältig: Neben erhöhter Kreativität und Innovationskraft sowie besserer Gruppenperformance sind es die Kostenreduktion, ein diverser Kandidatenpool und erhöhte Flexibilität, die ein Unternehmen dadurch wettbewerbsfähiger machen." (red, 28.9.2021)