Max Zirngast, hier nach seiner Ankunft in Österreich 2019, wird KPÖ-Gemeinderat in Graz.

Foto: Robert Newald

Der österreichische Journalist und Autor Max Zirngast, der 2018 drei Monate in der Türkei in Haft saß, wird für die Grazer KPÖ in den Gemeinderat ziehen.

Welche Bereiche der 32-Jährige dort übernehmen werde, sei noch offen, wie er dem STANDARD am Dienstag berichtete. Wie man sich Ressorts und Ausschüsse aufteile, hänge natürlich davon ab, mit wem man regieren werde. Was seine Interessen angehe, sei Zirngast, der in Wien und Ankara Philosophie und Politikwissenschaften studiert hat, breit aufgestellt: "Mich würde natürlich die Kultur interessieren, aber auch Sport, Migration und Umwelt, aber am wichtigsten ist mir, das wir im Kollektiv weiter gut zusammenarbeiten."

Zirngasts Inhaftierung in der Türkei erfolgte 2018 nur wenige Monate, nachdem der deutsche Journalist Denis Yücel aus der Haft in der Türkei entlassen worden war. Beide Verhaftungen sorgten für einen Aufschrei in Europa und galten als Anschlag gegen die Pressefreiheit. Zirngast wurde vorgeworfen, Mitglied einer Partei in der Türkei zu sein, die zu dem Zeitpunkt nicht einmal mehr existierte. Tatsächlich stand er einer linken prokurdischen Bewegung nahe. Ihm wurde "Nähe zu Terrororganisationen" vorgeworfen – er wurde aber schließlich im September 2019 freigesprochen, weil nichts an den Vorwürfen haltbar war.

Buchpräsentation

Sein Kontakt zu der Grazer KPÖ begann für den gebürtigen Grazer, der in der Südsteiermark aufwuchs, direkt nach der Rückkehr nach Österreich. Er präsentierte im Oktober 2019 sein Buch bei der Grazer KPÖ – einer seiner ersten Auftritte nach seiner Rückkehr überhaupt. Das hat Gründe: Die KPÖ-Stadträtin und wohl baldige Bürgermeisterin Elke Kahr sowie ihr Gesundheitsstadtrat Robert Krotzer hatten ihm schon in der Haft ihre Hilfe angeboten. "Die KPÖ war nicht die einzige Partei, die sich damals öffentlich solidarisch mit mir erklärt hat, aber die einzige, die den persönlichen Kontakt gesucht hat."

Max Zirngast verlegte seinen Wohnsitz in der Folge nach Graz und arbeitet seit März 2021 in der Bezirksleitung der KPÖ Graz, wo er Organisationsarbeit macht. Während des zweiten Corona-Lockdowns startete er mit der KPÖ das Youtube-Format "Auf Augenhöhe", weil Veranstaltungen in dieser Zeit nicht möglich waren.

"Armutszeichen für Journalismus"

Dass Zirngast ein bekennender Linker ist, darüber ließ er nie einen Zweifel aufkommen. "Ich habe kein Problem mit einer klaren Haltung. Ich habe mich als Angeklagter vor einem türkischen Gericht als Sozialist bezeichnet, ich habe jetzt auch keine Angst davor." Und als Kommunist? "Ob Kommunist oder Sozialist, das ist wohl auch eine Definitionsfrage", sagt dazu Zirngast, für den die Diskussion über den Namen Kommunistische Partei "größtenteils außerhalb von Graz stattfindet, vor allem in Redaktionsbüros. Nicht dass es keine berechtigte Frage ist, aber es ist ein Armutszeichen für den Journalismus, wenn man nur davon redet, anstatt dass man sich einmal herbequemt aus Wien – es sind zweieinhalb Stunden mit dem Zug – und sich hier im Volkshaus ansieht, wie wir arbeiten." (Colette M. Schmidt, 28.9.2021)