Gastronom Martin Ho hat eine gute Verbindung zu Kanzler Kurz, den er angeblich "Shorty" nennt.

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Österreich befindet sich am 1. Mai 2020 gerade immer noch Corona-Lockdown: Die Wohnung darf nur aus den bekannten wichtigen Gründen verlassen werden; der Handel ist geschlossen, Restaurants und Hotels ohnehin. Da dringen plötzlich Informationen über eine Feier im Nobellokal Dots zur Polizei durch. Die Reaktion der Behörden: Ein "Suchtgiftschwerpunkt"; über die Staatsanwaltschaft Wien wird rasch ein Hausdurchsuchungsbefehl für das Dots besorgt.

"Immer wieder geringe Mengen an Suchtgift"

Die Polizisten finden: 21 Personen, die miteinander feiern, und zwei Kellner, die sie bewirten. Es sei "alleine aufgrund der räumlichen Situation" unmöglich gewesen, "den Sicherheitsabstand von einem Meter" einzuhalten, notieren die Polizisten. Die Veranstaltung, die sie sprengen, ist eine Geburtstagsfeier für den Kaufhaus-Erben V. – der noch vor Ort angibt, dass er "den Besitzer des Lokals Dots, Herrn Ho Martin, sehr gut kenne und ihn zuvor fragte, ob er in seinem Lokal die Feier abhalten könne". Die Polizei leitet Ermittlungen ein, sie findet auch "bei der Perlustrierung und Durchsuchung der anwesenden Gäste immer wieder geringe Mengen an Suchtgift".

Tags darauf rückt Ho zu seiner Verteidigung aus. Im Interview mit dem "Trend" sagt er, er habe erst am nächsten Morgen davon erfahren, weil er schon um 20:15 eingeschlafen gewesen sei. Ein "Stammkunde" habe die Corona-Regeln "falsch interpretiert" und geglaubt, er könne Sushi vor Ort verzehren. "Ich habe nichts damit zu tun. Es gab keinen Durchsuchungsbefehl gegen meine Firma oder meine Person oder einen meiner Mitarbeiter." Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

Zackzack berichtet über brisante Chats

Nicht nur die Aussagen von Partyveranstalter V., die in einem Einsatzprotokoll festgehalten sind, sollen dem widersprechen. "Zackzack" will nun in den Besitz von Chats gelangt sein, die einen anderen Ablauf nahelegen. So soll ein Mitarbeiter Ho vorab über die Feier informiert und eine Einladungsliste übermittelt haben. Am Tag nach der Razzia schrieb der Gastronom angeblich, dass "Shorty ur arm" sei – gemeint: Bundeskanzler Sebastian Kurz, dessen Freundschaft zu Ho bekannt ist.

In den Chats soll Ho erzählt haben, mit Kurz "eh telefoniert" zu haben; die Antwort sei gewesen: "War's wenigstens lustig?" Ho habe dann "erzählt, wie es war, gelacht, mich entschuldigt, dass sein Name wieder fällt". Die Reaktion: Kurz habe ihn "eingeladen und gebeten, eine Runde von Spezialisten für die Nachtgastro zusammenzustellen".

Auf Anfrage sagt ein Sprecher von Martin Ho, man werde "Verschwörungstheorien und Hirngespinste" von "Zackzack" nicht kommentieren. Das Kanzleramt reagierte nicht. Laut einer parlamentarischen Anfragebeantwortung durch Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) habe es "am 9. Juni 2020 einen virtuellen runden Tisch mit Vertreterinnen und Vertretern der Nachtgastronomie" gegeben; außerdem hätten sich mehrere Nachtgastronomen zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen und Positionspapiere übermittelt. (fsc, 28.9.2021)