Waldemar Buda rief die Gemeinden auf, ihre Erklärungen auf Konformität mit den EU-Prinzipien zu überprüfen.

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Pride Parade in Warschau, 19. Juni.

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Die umstrittene "Gazeta Polska"-Ausgabe.

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Im Sommer 2019 erklärten sich über hundert polnische Gemeinden zu "LGBT-freien Zonen". Vor allem im konservativen Süden und Südosten des Landes wurde es verboten, Symbole sexueller Minderheiten zu zeigen, die Rechtspostille "Gazeta Polska" legte damals ihren Heften sogar Aufkleber bei, mit denen die Leserschaft ihre Häuser zu solchen Zonen deklarieren konnte.

Doch solche Erklärungen verstoßen gegen die Niederlassungsfreiheit in der EU. Seit Monaten warnt Brüssel, dass Corona-Hilfsgelder nicht ausgezahlt werden können, solange diese Beschlüsse nicht rückgängig gemacht werden. Als Erstes reagierte Krakau, das von vielen ausländischen Touristen besucht wird. Bürgermeister Jacek Majchrowski ersuchte die EU-Kommission in einem Schreiben, die alte Königsstadt doch bitte gesondert von der umgebenden Woiwodschaft Kleinpolen zu behandeln, weil Krakau schon immer eine offene und tolerante Stadt gewesen sei.

Keine Schecks mehr

Anfangs versprach das von Zbigniew Ziobro von der Rechspartei Solidarisches Polen geführte Justizministerium den betroffenen Regionen noch, die entgangenen Einnahmen abzugelten. So wurde der Stadtverwaltung von Tuchów im August 2020 ein Scheck über 250.000 Złoty (57.000 Euro) überreicht, nachdem 18.000 Euro aus dem EU-Städtepartnerschaftsprogramm weggefallen waren. Der Bezirk sei "Opfer ideologischer Verfolgung" durch EU- Gleichstellungskommissarin Helena Dalli geworden, erklärte Ziobro damals.

Doch auf die Dauer kann man auf die EU-Gelder nicht verzichten, und so schrieb Waldemar Buda, Staatssekretär im Ministerium für Fonds und Regionalpolitik, vor einer Woche an die betroffenen Gemeinden, dass sie die Erklärungen auf Konformität mit den EU-Prinzipien überprüfen sollten, damit diese nicht "überinterpretiert" werden.

"LGBT" durchstreichen reicht nicht

Dabei sei es nicht genug, lediglich den Begriff LGBT zu entfernen, sagte Tomasz Urynowicz, bis 10. September stellvertretender Marschall der Woiwodschaft Kleinpolen, der Zeitung "Rzeczpospolita": "Die gesamte Erklärung muss aufgehoben werden."

Am Montag widerriefen nach Świętokrzyskie (Heiligkreuz) die Woiwodschaften Karpatenvorland, Lublin und Kleinpolen die Deklarationen, mit denen sie sich zu "LGBT-freien Zonen" erklärt hatten. Im Titel der neuen Deklaration des Karpatenvorlands ist nun zu lesen, dass dieses eine "Region der etablierten Toleranz" sei, in Lublin wurde der Beschluss gefasst, "fundamentale Rechte und Freiheiten" besonders zu schützen.

Justizminister Ziobro ist mit dieser Entwicklung gar nicht zufrieden: Sie sei "unverständlich und ein Akt der Unterwerfung", erklärte er bei seiner Pressekonferenz Mitte September. (bed, 29.9.2021)