Ryanair-Chef Michael O'Leary reiste höchstpersönlich nach Wien, um den Sommerflugplan für das Jahr 2022 vorzustellen. Neun neue Strecken will der Billigflieger bedienen, die mit fünf neuen Flugzeugen von Wien aus betrieben werden. Insgesamt will Europas größter Billigflieger dann 90 Destinationen mit 19 Fliegern ansteuern.

Gute Nachrichten, wie O'Leary erklärt. Während die Konkurrenz in Wien schrumpfe, entspreche dies einer Investition von 500 Millionen Dollar (427 Millionen Euro), die 200 neue Jobs schaffen soll – 60 für Piloten, 120 für Kabinenpersonal und 20 für Techniker. Piloten würden bereits gesucht. Mindestticketpreise, wie die grüne Ministerin Leonore Gewessler sie umsetzen will, hält er für verrückt, die Konsumenten hätten ein Recht auf Lockangebote.

STANDARD: In Österreich sind die Flugticketpreise kräftig gestiegen.

O'Leary: Nicht bei Ryanair.

STANDARD: Sie sprachen von anziehenden Preisen. Machen Sie etwas falsch?

O'Leary: Nein. Wir verkaufen mehr billige Sitze als jemals zuvor, und es ist wichtig, dass wir das machen. Unser Verkehr hat sich viel schneller erholt als der von Austrian. Heute verkaufen wir 100.000 Plätze für 19,99 Euro.

Michael O’Leary vor wenigen Tagen in Zagreb. Auch in Wien verkündete er neun neue Strecken – mit einem ähnlichen Taferl. Auch markige Sprücherln hat er wieder mitgebracht.
Foto: Imago/Davorin Visnjic

STANDARD: Aber Sie machen Verluste in diesem Jahr.

O'Leary: Wir haben letztes Jahr, das im März 2021 geendet hat, einen großen Verlust gemacht. Ich denke, wir werden in diesem Jahr einen kleinen Verlust machen. Aber nur weil in der ersten Jahreshälfte die Auswirkungen von Covid verheerend waren. Wir werden in der zweiten Jahreshälfte nahe am Break-even sein. Ich glaube, im Sommer ’22 werden alle Airlines wieder profitabel.

STANDARD: Wie viel Verlust haben Sie mit Lauda gemacht?

O'Leary: Die einzelnen Fluggesellschaften werden nicht aufgeschlüsselt. Lauda Europe wird einen kleinen Verlust machen, die in Wien ansässige Laudamotion macht dieses Jahr einen sehr kleinen Gewinn.

STANDARD: Sie regen sich über die Ticketsteuer in Österreich auf. Österreich ist nicht das einzige Land mit solchen Ideen oder anderen wie einem Mindestticketpreis. Die niedrigen Ticketpreise werden Sie als Marketingkosten verbuchen. Marketing wird also ein bisschen teurer. Wo ist das Problem?

O'Leary: Mindestticketpreise wären unter EU-Recht nicht legal. Was die Leute nicht verstehen: Wir verkaufen hohe Preise an Freitagen und Sonntagen. Mindestpreise würden nicht nur Ryanair, sondern auch die AUA schädigen, weil wir diese niedrigen Preise an Dienstagen verkaufen müssen, am späten Samstagabend, im November. Wir könnten diese Sitze nicht verkaufen. Was sie machen, ist, den Markt zu untergraben.

STANDARD: Wenn der Flug nach Stansted nicht neun, sondern 40 Euro kostet, ist das ein Problem?

O'Leary: Darum geht es nicht. Es wird Leute geben, die den Flug nach Stansted spät buchen und dafür 200 Euro zahlen. Aber es gibt Menschen, die bereit sind, sechs Monate früher zu buchen und zu unpraktischen Uhrzeiten zu fliegen. Man sollte sie mit einem niedrigen Preis belohnen. Supermärkte haben Lockangebote, wo sie die Milch unter den Kosten verkaufen. Lidl und Aldi haben damit ein Multimilliardenbusiness aufgezogen. Österreichischen Konsumenten diese Lockangebote zu verwehren ist verrückt.

Es gibt Menschen, die bereit sind, sechs Monate früher zu buchen und zu unpraktischen Uhrzeiten zu fliegen. Man sollte sie mit einem niedrigen Preis belohnen.
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STANDARD: Warum genau?

O'Leary: Die Menschen, die in Skandinavien oder Irland sind und mit 9,99- oder 19,99-Euro-Flügen nach Österreich kommen würden, werden einfach nach Portugal, Spanien oder Italien fliegen. Alles, was man von dummen Politikern bekommt, die einen Mindestpreis einführen, sind Flugzeuge, die an Dienstagen und im November halb voll sind – gar nicht gut für die Umwelt. Warum sollte eine Familie sechsmal 40 Euro zahlen, um nach Wien zu kommen, wenn Ryanair ihr Tickets um 9,99 verkauft? Wieso? Nur weil ein Minister die AUA schützen will? Sagt der AUA, sie soll ihre Kosten unter Kontrolle bekommen und sich dem Wettbewerb stellen.

STANDARD: Stichwort Wettbewerb. Sie erwarten eine Konsolidierung in Europa, Wizzair wollte offenbar EasyJet übernehmen. Wenn die Ungarn das machen würden, würden sie Ryanair sehr nahe kommen.

O'Leary: Wenn es um die Größe geht, würden sie Ryanair näher kommen, nicht wenn es um Kosten oder Preise geht. Vor Covid hatten wir 150 Millionen Passagiere, Easyjet hatte ca. 80 Millionen und Wizz rund 30 oder 40 Millionen. Aber in den nächsten fünf Jahren beschleunigen wir unser Wachstum auf bis zu 250 Millionen Passagiere, und weder Wizz noch Easyjet haben die Flugzeugbestellungen, so rasch zu wachsen. Diese zwei zusammenzulegen wird sicher eine größere Airline mit nicht so niedrigen Kosten ergeben.

STANDARD: Sie sind also nicht besorgt, dass sie überholt werden?

O'Leary: Niemand wird jemals Ryanair überholen. Weder in Kosten noch in Preisen noch in Bescheidenheit.

STANDARD: Stichwort Bescheidenheit: Lauda bezahlt Piloten, die im Sommer mit temporären Verträgen fliegen, pro Stunde, es soll kein Basisgehalt geben.

O'Leary: Das stimmt nicht. Die Lauda-Piloten haben einer Reduktion des Gehalts zugestimmt, als sie zu Lauda Europe gewechselt sind, zwischen zehn bis zwanzig Prozent. Alle bekommen ein Mindestgehalt.

STANDARD: Von Gewerkschaften ist anderes zu hören. Lauda Europe hat seinen Hauptsitz jetzt ja in Malta. Die Gewerkschaften sind sie damit losgeworden.

Mit Gewerkschaften steht O'Leary auf Kriegsfuß.
Foto: AFP/Justin Tallis

O'Leary: Nein.

STANDARD: Sicher.

O'Leary: Wir haben Gewerkschaften in Ryanair – in Malta bei Lauda Europe.

STANDARD: Aber keine österreichischen.

O'Leary: Zum Glück. Schauen Sie, was die der AUA und Laudamotion angetan haben. Wir haben sie geschlossen, als Laudamotion aufgehört hat zu fliegen.

STANDARD: Weil wir beim Fliegen sind: Werden wir irgendwann abgesehen von den Genesenen nur noch geimpft fliegen dürfen?

O'Leary: Ich glaube nicht, dass die europäischen Staaten eine Pflichtimpfung verordnen können. Aber alle lassen nur Leute ins Land, die geimpft sind oder einen negativen PCR-Test haben, und ich denke, das macht Sinn. Ich bin geimpft, in Irland sind zum Beispiel 90 Prozent der Leute geimpft. In Österreich sind es weniger. Das ist eine Wahl, die wir anerkennen. Aber wenn man fliegen will, braucht man eine Impfung oder einen negativen PCR-Test. Ich denke, das macht Sinn, auf jeden Fall auch für unsere Crew. Wir wollen nicht, dass sie an Bord Leuten ausgesetzt sind, die nicht geimpft sind und keinen negativen PCR-Test haben.

STANDARD: Sind die Mitarbeiter geimpft?

O'Leary: Der Großteil ist geimpft, aber es ist nicht verpflichtend. Man braucht entweder eine Impfung oder einen negativen PCR-Test.

STANDARD: Es gibt keine Pläne, das zu ändern?

O'Leary: Ich sehe keinen Grund, das zu ändern. Der Weg, um jene, die noch nicht geimpft sind, zu einer Impfung zu ermutigen, ist, den Zugang zu Restaurants oder Pubs nur noch geimpften Leuten zu ermöglichen. Aber es muss jedermanns Wahl bleiben.

STANDARD: Zum Abschluss: Was ist denn an Lauda noch österreichisch?

O'Leary: Lauda Europe ist ein Multi. Aber Laudamotion stellt Airline-Services für die Firmen der Gruppe zur Verfügung und wird in Schwechat geführt. Wir werden im nächsten Jahr 5,5 Millionen österreichische Staatsbürger auf 90 Routen von und nach Wien haben. Österreichischer geht es nicht. Lassen Sie es mich so sagen: Die sind österreichischer als die AUA, die der verdammten Lufthansa gehört, die sind ein Haufen Deutsche. (Regina Bruckner, 29.9.2021)