Zwei Beschuldigte im Casinos-Akt: Kanzler Kurz und Finanzminister Blümel – es gilt die Unschuldsvermutung.

Foto: APA/Schlager

Kommt es bald zu einer Hausdurchsuchung in der ÖVP-Parteizentrale? Das scheint zumindest die Partei selbst zu befürchten: Ihre stellvertretende Generalsekretärin Gaby Schwarz beschwerte sich am Dienstag in einer skurrilen Pressekonferenz über Anfragen von Journalistinnen und Journalisten bezüglich einer baldigen Razzia. Das sei "absurd", es gebe auch "nichts mehr".

Tatsächlich hatten sich in den vergangenen Tagen die Gerüchte über neue Entwicklungen in den Casinos-Ermittlungen verdichtet. Das liegt daran, dass einige neue Dokumente in den Casinos-Akt gelangt waren, die von der Akteneinsicht ausgenommen sind. Normalerweise dürfen Beschuldigte alle Aktenstücke lesen; nur aus zwei Gründen kann die Aktenvollständigkeit "durchbrochen" werden: erstens wenn die "körperliche Sicherheit von bestimmten Personen gefährdet ist" – was bei den Casinos-Ermittlungen sehr unwahrscheinlich ist – und zweitens zum "Zweck der Ermittlungen".

Dabei geht es um die Gefahren der "Verdunkelung" oder "Beweismittelbeeinträchtigung". Rein hypothetische Beispiele: Findet die WKStA in ihrer Auswertung von Smartphones belastende Chats, die eine Hausdurchsuchung auslösen, könnte dieser Auswertungsbericht von der Akteneinsicht ausgenommen werden. Oder gibt es eine Einvernahme, in der ein Zeuge oder Beschuldigter "auspackt", würde auch das vorerst gesperrt werden – ebenso wie die konkreten Anordnungen zu Hausdurchsuchungen, Observationen oder Telefonüberwachung.

Neue Ermittlungsansätze?

In den Casinos-Akt gelangten nun vor rund zwei Wochen mehr als zwanzig von der Akteneinsicht ausgenommene Ordnungsnummern, was bei Anwälten und Beschuldigten naturgemäß Nervosität auslöste. Darüber berichtete auch der "Kurier". Allerdings: Es passierte nichts. Weder wurden die Aktenstücke dem Vernehmen nach freigegeben, noch setzte es Ermittlungsmaßnahmen.

Spekuliert wurde daher über eine Reihe von unterschiedlichen Gründen dafür – etwa die Frage, ob die WKStA zuerst die Einvernahme von Sebastian Kurz wegen des Verdachts auf Falschaussage abwarten wollte. Allerdings wurde nun bekannt, dass diese bereits am 3. September stattgefunden hat – das fällt daher als Grund aus. Womöglich könnte die WKStA aber zuerst diesen Verfahrensstrang abschließen, also eine Entscheidung über Anklage oder Einstellung treffen, bevor sie sich dem nächsten Thema widmet.

Auch politische Gründe werden kolportiert – etwa dass die Maßnahmen, hätten sie vergangene Woche stattgefunden, zeitlich zu nah an den Wahlen in Oberösterreich und Graz gewesen wären. Das hätte der WKStA als parteipolitischer Schritt ausgelegt werden können. In der Logik der Justiz dürfen solche Motive aber offiziell keine Rolle spielen. (Fabian Schmid, 29.9.2021)