Haaning wählte mit "Take the money and run" einen treffenden Titel für seine Werke. Statt Banknoten sind nur die leeren Rahmen zu sehen.

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Der Aphorismus "Talent borrows, Genius steals" meint Ideendiebstahl, weniger, einen Bankomaten zu knacken. Sicherlich kennt den gerade im Bereich der bildenden Kunst vielzitierten Spruch auch der dänische Konzeptkünstler Jens Haaning. Er ließ ihm aber eine ganz wörtliche Lesart angedeihen und erleichterte das Kunsten Museum of Modern Art in Aalborg um umgerechnet rund 72.000 Euro. Wie machte er das?

Das Museum hatte den Künstler beauftragt, zwei seiner früheren Arbeiten zu reproduzieren. Die beiden Werke, um die es sich handelte, stellten das durchschnittliche dänische und österreichische Jahreseinkommen ganz bildlich dar: Sie zeigten Banknoten in Bilderrahmen. Um die Arbeiten zu verwirklichen, hatte Haaning das Geld von einer Bank geliehen und nach den Ausstellungen wieder retourniert.

Keine Intention, das Geld zurückzugeben

Dieses Mal lieh das Kunsten Musuem dem Künstler das Geld für die neuen Werke. Als das Museum dann aber die angelieferten zwei Arbeiten auspackte, waren die Rahmen leer. "The work is that I have taken their money", sagte Haaning, dessen künstlerische Arbeit oft die ökonomisch schwierigen Bedingungen, unter denen Künstlerinnen und Künstler arbeiten, kritisiert.

Im Kunsten Museum entschied man, die Werke in der Gruppenausstellung zum Thema "Die Zukunft der Arbeit" trotzdem zu zeigen.

Vorerst will man dort auch nicht die Polizei einschalten und hofft, dass der Künstler das Geld bis Mitte Jänner – wie es auch vertraglich vereinbart war – zurückgeben wird.

Haaning gab einstweilen in mehreren Interviews zu Protokoll, dass er keinerlei Intention habe, das zu tun. Es handele sich nicht um Diebstahl, sondern um einen Vertragsbruch – und der sei nun einmal Teil der Arbeit. Genial? (Amira Ben Saoud, 30.9.2021)