Es ist natürlich einfach, auf CDU-Chef Armin Laschet einzudreschen. Tollpatschig im Wahlkampf war er, er lachte falsch und hatte nicht die richtige Kampagne.

Jetzt ist er der persönliche Wahlverlierer, schaffte es tagelang nicht einmal, Olaf Scholz (SPD) zu gratulieren, und vor allem: Er merkt nicht, wie bizarr manche seiner Aussagen sind – etwa wenn er erklärt, auch Scholz müsse demütig sein, weil er ja so weit vorn gar nicht liege.

Jeder dieser Punkte rechtfertigt gequältes Augenrollen, Kopfschütteln oder einen verächtlichen Tweet. Und man kann natürlich den enormen Ingrimm in der Union verstehen. Nach 16 Jahren droht der Verlust des deutschen Kanzleramtes. Dieser Frust muss raus, daher wird die Gruppe der Laschet-Kritiker täglich größer.

CDU-Chef Armin Laschet ist der persönliche Wahlverlierer.
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Aber es ist zu einfach, alles nur auf den Kanzlerkandidaten zu schieben. Nach der langen Kanzlerschaft Merkels ist die CDU inhaltlich ausgeblutet. Weiter so, aber halt ein bisschen anders, das war ihr eher vages Angebot im Wahlkampf. Das ist nicht Laschets Schuld allein.

Unerträglich, wenn auch nicht überraschend, ist der Kurs von CSU-Chef Markus Söder. Schon im Wahlkampf schaffte er keine Zurückhaltung, sondern wies immer wieder darauf hin, dass Laschet nicht die ideale Besetzung sei, ohne zu verheimlichen, wen er für den Besten hielt und hält.

Klar, so ist er, der Söder, könnte man sagen und die ewigen Querschüsse aus der CSU als Naturgesetz abtun. Aber auch das wäre zu einfach. Söder tut ja so, als wären er und Laschet an entgegengesetzten Seiten des Parteienspektrums verortet und nicht in einer Unionsfamilie. Nicht nur die CDU hat diese Bundestagswahl verloren, auch die CSU. Sie erzielte das magerste Ergebnis seit dem Jahr 1949.

Politisches Überleben

Laschet hat schon oft ums politische Überleben gekämpft: in Nordrhein-Westfalen, beim Rennen um den CDU-Vorsitz und kurz darauf bei dem um die Kanzlerkandidatur.

Der Plan, den er jetzt mit der Jamaika-Koalition aus Union, Grünen und FDP verfolgt, mag vielen abenteuerlich und an der Realität vorbei erscheinen. Aber er bewegt sich innerhalb der Regeln. Auch ein Zweitplatzierter kann Bundeskanzler werden, wenn er eine Koalition zustande bringt, der Wahlsieger dies hingegen nicht schafft.

Man muss sich auch die Frage stellen: Was passiert, wenn er jetzt zurücktritt? Soll dann Söder Kanzler in einer Jamaika-Koalition werden? Oder Jens Spahn? Das eine können sich viele nicht vorstellen, das andere möchten sie nicht.

Es wäre nicht ungünstig, würde die Union ihre Position klären. Entweder sie schickt Laschet jetzt sofort in die Wüste, weil es mit ihm nicht mehr geht. Der Schritt wäre legitim.

Oder sie billigt ihm noch diesen einen letzten Versuch zu, ein schwarz-grün-gelbes Bündnis zu schmieden. Der aktuelle Mittelweg – Laschet zu bashen, ihn aber gleichzeitig weitermachen zu lassen – trägt nur dazu bei, dass die gesamte Partei noch mehr Schaden nimmt. (Birgit Baumann, 29.9.2021)