Ein Angestellter nimmt sich vor, den Chef um eine Gehaltserhöhung zu bitten.

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Konzerne zahlen kaum Steuern, eine Sparpolitik steht vor der Tür, währenddessen aber steigen die Lebenshaltungskosten, und Lohndumping greift um sich. Es ist Zeit, nach einer Gehaltserhöhung zu fragen! Darüber hat der französische Schriftsteller Georges Perec (1936–1982) einen Kurzroman geschrieben, den die Theatergruppe Toxic Dreams ab 1. Oktober auf die Bühne bringt.

The Art of Asking your Boss for a Raise ist ein schwer zu lesender, der Schnelligkeit und Mechanik von Computersprachen nachempfundener Text, den Regisseur Yosi Wanunu genau deshalb als Herausforderung sieht. Perec habe damals schon – das Buch entstand 1968 – intuitiv die Funktionsweise von Algorithmen reflektiert und miteingebaut, sagt Wanunu. Das Werk gleicht einem 77 Seiten langen Satz, den es nun gilt, auf die Bühne zu übertragen: Variationen innerhalb von Wiederholungen, im Loop gefangene Reden, Prozesse der Vergeblichkeit. Das Lesen des Buches fühle sich heute so an, wie zwei Stunden im Internet zu surfen, schrieb jemand.

Slapstick à la Jerry Lewis

Es wäre aber nicht Toxic Dreams, gäbe es da nicht doch auch etwas Luft. Wanunu hat den Text neu adaptiert und mit Hollywood-Referenzen angereichert, etwa Slapstick à la Jerry Lewis. Und auch an heutige Zeiten angedockt: Konzernbosse wie Jeff Bezos werden direkt angesprochen. Im Zentrum steht dennoch die Modulation des Textes, den das sechsköpfige Ensemble wie eine Partitur behandelt, sprich: dessen Monotonie es durchmassiert.

Neben einer an Jacques Tatis Film Playtime erinnernden Bühnenästhetik ist vor allem ein komplexer Soundscore entscheidend, in dem sich das Großraumbüroleben akustisch über ein halbes Jahrhundert entfaltet. Premiere ist am Freitag, 1. Oktober, im Brut Nordwest. (afze, 30.9.2021)