Das Angebot am Meidlinger Markt ist beachtlich. Neben Standln mit Obst und Gemüse gibt es vor allem kulinarische Verlockungen, aber auch ein Fachgeschäft für Hundebedarf.

Foto: Robert Newald

War hier zuletzt von der Genese eines (Markt-)Platzes durch öffentliche Gelder die Rede, so ist es diesmal die Anstrengung des Bauunternehmers Hans Jörg Ulreich, der unter Mithilfe engagierter Enthusiasten einen Markt aus der Tristesse der 90er in ein zeitgemäßes Heute geführt hat. Das über Jahrzehnte verwitterte Viertel um den Meidlinger Markt hatte eine Retusche nötig. Viele Häuser waren abbruchreif, die meisten Wohnungen mehr Sub- denn Standard, und die lokale Gastronomie dämmerte in leichtem Seidlrausch vor sich hin.

Der Bauunternehmer erkannte die Chance, kaufte gut ein und brachte Wohnungen wie Häuser auf Vordermann, um sie höherpreisig wieder zu verkaufen. Das geht natürlich einfacher, wenn die lokale Infrastruktur ebenso einem Neustart unterzogen wird. Und so kaufte Ulreich Marktstand um Marktstand, renovierte auf Teufel komm raus und animierte bestehende Marktstandler, mehr für ihre Stände zu tun.

Ein Markt wäre kein Markt ohne die charakteristischen Standl.
Foto: Robert Newald

Neben den bestehenden Betrieben gab es daraufhin ein Kommen und Gehen an kreativen Unternehmerinnen und Unternehmern, welche die Gentrifizierung vorantrieben. Milchbart, das Purple Eat von Ulreichs Verein Purple Sheep, Market111, Malefitz – von glutenfreiem Brot bis zu raren Craftbieren gab es alles, was das Mittelstandsherz begehrte. Der Markt an sich blieb urig und gut sortiert.

Kuchen oder Knödel?

An der Südseite des Markts haben stets drei bis vier Obst- und Gemüsestände des Bauernmarkts aufgebaut. Stefan Hell zum Beispiel erklärt dort den Kunden die Vorzüge der kleineren, festen gegenüber den größeren, weichen Zwetschgen – Kuchen oder Knödel? Ein Fischgeschäft und eine Filiale der Pferdefleischhauerei Gumprecht haben stets offen, auf dem Weg Richtung Niederhofstraße gibt es unterschiedlich sortierte Fleischhauer sowie ein bulgarisches Spezialitätengeschäft.

Über die Grenzen des Bezirks hinaus bekannt: Das Fleischfachgeschäft Nuran.
Foto: Robert Newald

Das Fachgeschäft des Fleischhauers Nuran ist über die Bezirksgrenzen hinaus bekannt. Sein Angebot an Rind- und Lammfleisch ist eine Augenweide. Eine zeitgemäße türkische Holzofenbäckerei, der Fladen Laden von Fuat Kacar, belegt und füllt Lahmacun und Fladen. Der Duft nach frisch gebackenem Weißbrot macht ein Vorbeigehen unmöglich. Knapp vor dem Ostende gibt es einen klassischen Gewürzstand maghrebinischer Prägung, mit besten Datteln und zu feinem Pulver vermahlenen Gewürzen. An ihn schließt das Wadi Grill- und Kebap Haus von Mutlu Karakoc an.

An dieser Seite des Markts ist auch ein ständiger Flohmarkt platziert. Das panasiatische Take-away Lucky Fen und ein entzückendes Fachgeschäft für Hundebedarf, das Mopsfidel, rahmen den Markt an der Nordseite. Auch die lokalen Kommunisten haben dort einen nicht ganz humorfreien Schaukasten. Schöne Grüße aus Graz soll ich bestellen.

Der Flohmarkt am Meidlinger Markt ist immer in Betrieb.
Foto: Robert Newald

Hier beginnt auch die lange Fressmeile zurück an die Südseite. Ein lokaler Gastronom hat sich gleich drei Standorte gesichert, um den dadurch riesigen Gastgarten mit seinen Fleischtellern zu beglücken. Wäre nicht die Mitbegründerin des Meidlinger Marktwunders, Anna Putz, mit ihrem entzückenden Stand, das Parentina würde dort alles dominieren.

Anna Putz von Kern & Anna am Markt röstet ihren Kaffee selbst, bezieht ihr Brot von der Bio-Dampfbäckerei Öfferl und die sagenhaften Käse beispielsweise aus Savoyen. Das kleine Geschäft birst vor qualitativen Spezialitäten, zu essen gibt es Kleinigkeiten aus zum Teil eigener Produktion; fein auch die Getränke dazu: Naturweine und -säfte, Obertrumer Original und Trumer Pils beispielsweise.

Anna Putz lockt am Meidlinger Markt mit erlesensten Spezialitäten.
Foto: Robert Newald

Die kleine Bio-Konditorei Hüftgold und das Kaffeehaus Ignaz und Rosalia sind zu Recht immer bestens besucht, es gibt für jede Tageszeit passende Gerichte und in altvatrischem Geschirr Kaffeespezialitäten. Der vegane Bioladen Marctstandl bietet Frühstücke, Tagesteller, Essen im Glas und die hauseigene Bio-Spirituose Curcama aus Kurkuma und Ingwer.

Schräg gegenüber offeriert der Vienna Käsetreff diverse Käse, Weine und Pastasorten, an Samstagen gibt es warmen Krustenbraten vom Schweinsbauch, an den anderen Tagen auch Pinse Romane – das sind Sauerteigfladen von endloser kalter Gare, belegt wie sonst die klassischen Pizze.

Wirtschaft mit Haube

Zwei großzügig erweiterte Marktstandln geben der Wirtschaft am Markt ausreichend Raum für ihre haubengekrönte Küche. Heidi Ratzinger trifft mit ihren Gerichten genau den Nerv jener Gäste, die zwischen Bauern-Cordon und Fünf-Elemente-Suppe gerne etwas Zusätzliches, anderes haben möchten. Hier wird schön eingedeckt, der Service ist professionell, ein feiner Leitbetrieb des Markts.

Die Fressmeile endet bei der Meidlinger Alm, die erst unlängst die beliebte Markthütte "abgelöst" hat. Der Gastgarten unter den riesigen Lederhülsenbäumen bietet Sonnen- wie Schattenplätze, das Publikum ist bunt gemischt, und die Küche liefert alles, was das Meidlinger Menschenpotpourri gerne isst: gefüllte Paprika, Krautwickel und hausgemachte Knödel aller Art – die Mittagsmenüs bleiben unter zehn Euro, und die neuen Betreiber bemühen sich sichtbar um Qualität.


Das Heu & Gabel: Ein Heurigen mitten in der Stadt.
Foto: Robert Newald

Wer weniger Lust auf Kronländerküche hat, kann ein paar Standln weiter im Saison Bistro vietnamesisch aufkalorieren. Klebrige Sommer- und knusprige Frühlingsrollen, Pho, Bun und spannende Tagesgerichte werden flink und freundlich zu den kleinen Tischen gebracht. Wem das alles nicht reicht, der geht eben zum Heurigen: Das Heu & Gabel nennt sich Stadtheuriger mit Feinkostladen attached. Alles bio, regional, nachhaltig, saisonal. Auf den zweiten Blick macht das Angebot dort richtig Freude: mit Schafkäse gefüllte Ofenzitrone, Demeter-Käsekrainer, Brettljausen. Und DJs sorgen im Rahmen der Marktvibes für Electronic Beats zu Prosecco und Naturweinen.

In Summe ist der Meidlinger Markt ein Spiegel seiner Anrainerinnen und Anrainer – und doch fehlt ihm noch etwas: ein Buchgeschäft, wenn man sich etwas wünschen darf. (Gregor Fauma, 30.9.2021)