Roswitha Stadlober übernimmt die ÖSV-Spitze.

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Karl Schmidhofer entschied sich nach kurzer Amtszeit, aus privaten Gründen zurückzutreten.

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In Innsbruck, wo der Skiverband sitzt, hätte Karl Schmidhofer am Donnerstag auf seine ersten hundert Tage als ÖSV-Präsident zurück- und auch vorausblicken wollen. So war bei vielen die Überraschung groß, als der 59-jährige Steirer am Fuße des Bergisels seinen Rücktritt verkündete. Ein familiärer Schicksalsschlag lasse ihm "keine andere Wahl", sagte Schmidhofer sichtlich bewegt. Er müsse und wolle sich "um die Familie kümmern. Ihr will ich nun meine ganze Kraft widmen." Schmidhofers 35-jähriger Sohn, selbst Vater zweier kleiner Kinder, hat vor kurzem einen schweren Schlaganfall erlitten.

Vorerst wird die dienstälteste Funktionärin im ÖSV-Vorstand, Roswitha Stadlober, interimistisch die Leitung des Verbands übernehmen. Darauf habe sich das ÖSV-Präsidium einstimmig verständigt. Stadlober wird vorerst auch den Verband nach außen repräsentieren, erklärte ÖSV-Generalsekretär Christian Scherer.

Kommende Woche tagen die zuständigen ÖSV-Gremien. Laut Scherer sind sich "alle ihrer Verantwortung bewusst". Vorgezogene Neuwahlen sind nicht auszuschließen. Eine andere Möglichkeit wäre, mit der Wahl bis zur Länderkonferenz bzw. Hauptversammlung im Juni 2022 zuzuwarten.

Stadlobers Karriere danach

Roswitha Stadlober (58) war unter ihrem Mädchennamen Steiner in den 1980ern eine der weltbesten Slalomfahrerinnen. Sie gewann acht Weltcuprennen, holte zweimal den Slalomweltcup (1986, 1988) sowie 1987 WM-Silber in Crans-Montana. 1986 war sie Österreichs "Sportlerin des Jahres". Die Salzburgerin ist mit dem ehemaligen Langläufer Alois Stadlober verheiratet. Tochter Teresa gehört ebenfalls zur Langlauf-Weltklasse, Sohn Luis hat im Spitzensport schon abgeschnallt. Roswitha Stadlober war nach ihrem Rücktritt in der ÖVP aktiv, als deren Sportsprecherin saß sie von 1999 bis 2004 im Salzburger Landtag. Sie gründete und führt den Verein KADA (Karriere danach), der sich mit Laufbahnberatung und Arbeitsintegration für Leistungssportlerinnen und -sportler beschäftigt.

Stadlober war schon Vizepräsidentin von Schmidhofers Vorgänger Peter Schröcksnadel – damals als einzige Frau im Präsidium, in dem dank Schmidhofer neben sieben Männern mittlerweile immerhin drei Frauen sitzen – Stadlober sowie Claudia Strobl-Traininger, die ebenfalls Vizepräsidentin ist, und Gerlinde Metzinger. Schmidhofers Plan war es, "den Frauenanteil weiter sukzessive zu erhöhen".

Den ÖSV insgesamt hatte Schmidhofer, wie er kürzlich dem STANDARD sagte, "wieder in ruhigem Fahrwasser" gewähnt. Dorthin zu kommen sei nach der Amtsübernahme seine vorrangige Aufgabe gewesen. "Es hat ja vor meiner Wahl doch Turbulenzen gegeben, auch zwischen den Landesverbänden." Doch nun herrsche "wieder Einigkeit im ÖSV".

Da spricht Schmidhofer die Spaltung an, zu der es im Frühling im ÖSV gekommen war. Der seit 1991 amtierende Schröcksnadel hatte sich vehement in die Suche nach einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin eingemischt. Eine Suche, die doch den Spitzen der Landesverbände vorbehalten sein sollte.

Der Weg war frei

Der Tiroler zeigte seinem logischen Nachfolger Michael Walchhofer die kalte Schulter und forcierte Renate Götschl. Zwischen den Landesverbänden taten sich Gräben auf, man konnte sich weder auf den einen noch auf die andere einigen. So wurde der Weg frei für Schmidhofer, den steirischen Landesverbandspräsidenten. Kellner hatte er gelernt, später war er Gastwirt, Hotelgeschäftsführer, Geschäftsführer von Seilbahnbetrieben und Unternehmensberater. Ab April 2019 saß er für die ÖVP im Nationalrat, erst dieser Tage hat er dieses Mandat offiziell zurückgelegt.

Im ÖSV wollte er, sagte Schmidhofer dem STANDARD, einen anderen Führungsstil pflegen als sein Vorgänger Schröcksnadel. Er setzte "auf das kreative Potenzial, das im Team von Generalsekretär Scherer abwärts steckt. Die Leute können so viel, und sie sind dann am besten, wenn man nicht alles vorgibt." Schröcksnadel habe den ÖSV "gut aufgestellt" übergeben, und er, Schmidhofer, tue das nun ebenfalls. "Was Sponsoren und Partner angeht, sind wir jedenfalls sehr gut unterwegs. Wir können alle Verträge verlängern, vieles ist schon abgeschlossen. Es hat ja doch Spekulationen gegeben, dass der eine oder andere Partner abspringen könnte, wenn Peter Schröcksnadel nicht mehr im Amt ist. Aber das war gar kein Thema."

Zuletzt seien im Präsidium sämtliche Beschlüsse einstimmig getroffen worden, man habe auch "nicht nur an die kommende Saison gedacht, sondern erstmals auch eine Budgetplanung für die nächsten drei Jahre gemacht".

Eine "dringende Empfehlung" wollte Schmidhofer auch am Donnerstag wiederholt wissen. Nämlich jene, "dass sich Aktive, Coaches und auch Funktionärinnen und Funktionäre impfen lassen. Schließlich sind viele fast jede Woche an einem anderen Ort." Dazu komme noch, sagte Schmidhofer, "dass es für die Winterspiele in Peking ja praktisch eine Impfpflicht gibt. Ich kann nur an die Vernunft appellieren." (Fritz Neumann, 30.09.2021)