Das "Faktiv"-Team (v. li.): Dominik Sagmeister (Produktion), Ines Holzmüller (Redaktion), Jakob Winter (Projektleiter), Katharina Zwins (Head of Factchecking), Ina Lins (Marketing) und Sebastian Hofer (Gesellschaftsredakteur und Textchef des "Profil).

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Das Nachrichtenmagazin "Profil" startet ein neues Faktencheck-Projekt.

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Wien – Der prognostizierte Finanzcrash, vor dem das Rechts-außen-Magazin "Wochenblick" warnt, falsche Schlüsse aus einer Studie, die in eine Warnung vor der Corona-Impfung münden, oder die Behauptung von Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer, ihre Partei habe in Sachen Klimaschutz in eineinhalb Jahren Regierung mehr weitergebracht, als in den zehn Jahren davor passiert sei: Das Nachrichtenmagazin "Profil" startet am Freitag einen Faktencheck namens "Faktiv", um Aussagen von Politikerinnen und Politikern zu überprüfen oder abstrusen Verschwörungstheorien auf den Grund zu gehen. Im schlimmsten Fall geht das Hand in Hand.

Vierköpfiges Team

"Im Fokus unserer Recherchen stehen Politikerinnen und Politiker, was aber nicht ausschließt, dass wir uns Corona-Mythen, dubiosen Impfgegner-Plattformen oder Krawallmedien wie dem 'Wochenblick' widmen", erklärt Projektleiter und "Profil"-Innenpolitikredakteur Jakob Winter dem STANDARD. Der Redaktion gehören neben Winter noch Katharina Zwins, Sebastian Hofer und Ines Holzmüller an. "Faktiv" geht mit einer Anschubfinanzierung von 100.000 Euro an den Start. Das Geld kommt von der Medieninitiative der Wiener Wirtschaftsagentur, die mit dieser maximalen Projektsumme bis zu 45 Prozent der Kosten ersetzt.

Kooperationen mit anderen Plattformen

"Die Regierung kontrolliert die Message. Die Opposition kritisiert die Regierung. Und wir checken die Fakten", sagt Winter, der ankündigt, auch mit internationalen Faktencheck-Plattformen wie "Correctiv" aus Deutschland kooperieren zu wollen. Im Fall einer Studie der Med-Uni Innsbruck ist das bereits geschehen. Das Portal "Transparenztest" machte unter Berufung auf sie Stimmung gegen die Corona-Impfung und schaffte es, dass der Artikel tausendfach geteilt wurde und seither in diversen Corona-Leugner-Foren und Verharmlosergruppen zirkuliert. Laut Recherchen von "Faktiv" und "Correctiv" wurde die Studie völlig falsch interpretiert. Das Fazit: Die Behauptung von "Transparenztest" ist unbelegt.

Ziel von "Faktiv" ist es, zu einem "evidenzbasierten Diskurs" beizutragen, so die Eigendefinition: "Wir sehen, dass Parteiblogs bewusst Fakten verzerren, damit sie in die politische Agenda ihrer Auftraggeber passen. Wir sehen, dass vollmundige Ankündigungen der Regierung ein paar Wochen später in Vergessenheit geraten. Und wir beobachten, dass auch die Opposition nicht immer mit korrekten Zahlen argumentiert." Die Aussagen werden anhand einer sechsteiligen Bewertungsskala geprüft. Sie reicht von richtig bis fiktiv.

Partizipativ

"Faktiv" soll unter Einbeziehung der Leserinnen und Leser starten. "Wir geben Leuten die Möglichkeit, dass sie uns Fragen schicken, die wir dann einem Faktencheck unterziehen", sagt Winter und betont: "Es geht uns nicht darum, nur Fake-News zu entlarven, sondern wir gehen ergebnisoffen in unsere Recherchen."

"Faktiv" ist Teil einer Digitalisierungsoffensive, an der "Profil" derzeit arbeitet. Weitere Resultate soll es in ein paar Wochen geben. Übrigens: Sigrid Maurers Aussage "Wir haben in den letzten eineinhalb Jahren so viel mehr weitergebracht im Klimaschutz als die letzten zehn Jahre zuvor zusammen" ist laut "Faktiv"-Faktencheck unter Klimaforschern "unbelegt". (Oliver Mark, 1.10.2021)