Düstere Ausblicke für künftige Pensionisten? Die Demografie setzt der Altersversorgung zu.
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In der Pensionsdebatte prallen Welten aufeinander. Eben hat der Fiskalrat vorgerechnet, dass von der Alterung getriebene Kosten eine Lücke ins Staatsbudget zu reißen drohten, da rufen Seniorenvertreter wieder einmal nach mehr. Die Älteren dürften nicht zum Kostenfaktor degradiert werden, sagt der Sozialdemokrat Peter Kostelka und fordert eine üppigere Pensionserhöhung als unlängst beschlossen.

Wie steht es aus finanzieller Sicht um das heimische Pensionssystem? Zumindest eines ist unumstritten: Demografische Effekte machen es der Gesellschaft zunehmend schwerer, das Niveau der Altersversorgung zu halten. Weil die Lebenserwartung rapide steigt und die geburtenstarke Babyboomer-Generation ins Pensionsalter kommt, soll die Bevölkerung über 65 Jahren laut Prognose bis 2060 um mehr als eine Million anwachsen. Gleichzeitig wird die Gruppe der 20- bis 65-Jährigen voraussichtlich schrumpfen.

Suche nach Einzahlern

Das heißt: Immer weniger Bürger im Erwerbsalter müssen – wie es das heimische Umlageverfahren vorsieht – mit ihren Versicherungsbeiträgen die Leistungen der immer zahlreicheren älteren Menschen berappen. Schon jetzt aber sind die Pensionsausgaben nur zu etwa zwei Drittel durch Beiträge gedeckt, den Rest schießt der Staat aus Steuergeld zu. Geht es allein nach der demografischen Entwicklung, dann droht dieser Zuschuss in unbewältigbare Dimensionen zu steigen.

Doch so einfach ist es nicht, denn noch andere Faktoren spielen eine Rolle. Steigt gleichzeitig die Erwerbsquote, weil etwa immer mehr Frauen in Jobs drängen, fließen mehr Versicherungsbeiträge. Entscheidend ist die Konjunktur. Starkes Wirtschaftswachstum führt dazu, dass mehr Menschen arbeiten, so mancher geht später in Pension und zahlt damit länger ein. Eine tiefe Krise lässt natürlich den gegenteiligen Effekt erwarten.

Schlechtere Bedingungen

Außerdem haben Regierungen entgegen einem weitverbreiteten Vorurteil in der Vergangenheit auch ernsthafte Pensionsreformen auf den Weg gebracht, die das Pensionsantrittsalter zumindest leicht steigen lassen und die Konditionen für die Versicherten verschlechterten. Den größten Einfluss auf die Kosten hat ein Einschnitt aus dem Jahr 2004: Seither laufen die Sonderrechte für Beamte im Ruhestand langsam, aber sicher aus. Der Staat erspart sich dadurch Milliarden.

All diese Faktoren fließen in Prognosen zur Kostenentwicklung ein. Eine davon stammt aus dem "Ageing Report" der EU-Kommission und weist die Ausgaben für sämtliche Pensionen – inklusive Beamte – in Relation zur Wirtschaftsentwicklung aus. Weil der Anstieg darin moderat erschien, dienten die Zahlen Pensionistenverbänden und anderen Gegnern von Verschärfungen im System als Argumentationshilfe.

Der negative Höhepunkt kommt rascher

Doch im jüngsten Report hat sich das Szenario jäh verschlechtert. Laut Prognose von 2018 hätten die staatlichen Zahlungen, die zusätzlich zu den Beiträgen ins Pensionssystem fließen, gemessen an der Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt) von 4,4 Prozent im Jahr 2016 auf 5,2 Prozent anno 2040 steigen sollen. Die im heurigen Mai erschienen Zahlen jedoch sehen den Peak bei 6,1 Prozent des BIP, und das bereits 2030. Ab 2040 – da decken sich die Szenarien – sollen die Kosten dann wieder relativ sinken. Laut der aktuellen Prognose soll das Niveau 2070 mit 5,3 Prozent aber jedenfalls höher liegen als der Status quo von 3,9 Prozent (2019).

Woher die Verschlechterung? Die Prognosen werden von den jeweiligen EU-Mitgliedsländern erstellt, die makroökonomischen und demografischen Annahmen gibt jedoch die EU-Kommission vor. Beim jüngsten Report hätten sich diese gravierend von den vorletzten Vorgaben unterschieden, heißt es aus dem Finanzministerium: So sei das Niveau der Wirtschaftsleistung niedriger angesetzt worden.

Langfristige Prognose sind natürlich unsicher, und manch negativer Ausblick hat sich in der Vergangenheit nicht bewahrheitet. Doch dass die Kosten merklich steigen werden, deckt sich auch mit heimischen Daten. Wie viel Anstieg sich die Allgemeinheit leisten kann? Das hängt von den Prioritäten des Staats ab, der die Lücke zwischen Beiträgen und Pensionen mit Geld aus dem Budget auffüllen muss. Als dringlich gelten gemeinhin auch Investitionen in die Pflege, die Bildung oder den Klimaschutz, überdies soll es Steuersenkungen geben. Alles zusammen, urteilte der heutige Fiskalrat-Präsident Christoph Badelt einmal, werde sich kaum ausgehen. (Gerald John, 1.10.2021)