Grundsätzlich sind Wildscheine friedliebende Tiere, die sich vor Menschen fürchten. Doch wenn sie sich angegriffen fühlen, kann sich das schnell ändern.

Foto: APA/Ingolf König-Jablonski

"Sie haben mich im Park angegriffen und sind mit meiner Tasche mit dem Telefon abgehauen", sagt eine hörbar verunsicherte Frau, während sie eine zerrissene und verdreckte schwarze Tasche in die Kamera hält. Es handelt sich um die kolumbianische Pop-Ikone Shakira, die auf ihrer Instagram-Story von einem Angriff in einem Park berichtet.

Sie sei mit ihrem Sohn Milan in dem Park in Barcelona spazieren gewesen, als sie beide von Wildschweinen attackiert wurden. "Zum Schluss haben sie von der Tasche abgelassen", berichtet Shakira. Verletzt wurden die beiden offenbar nicht.

Wenn Wildschweine zu Stadtbewohnern werden

Wildschweine wagen sich in Barcelona wie auch in anderen Großstädten immer weiter in die Stadt vor. Obwohl es verboten ist, füttern manche Menschen sie. "Die Tiere sind sehr intelligent, und wenn sie jemanden mit einer Tasche sehen, denken sie, es gibt Futter", sagte der Wildhüter Toni Galiano kürzlich einer Fachzeitschrift für Jäger, nachdem ein Mann in Barcelona von einem Wildschwein angegriffen und gebissen worden war.

Ein weitere spektakuläre Wildschweinbegegnung hatte sich im Vorjahr in Berlin ereignet: Dort lieferten sich Wildschweine und ein nackter Mann am Teufelssee eine kuriose Verfolgungsjagd. Bilder auf Facebook zeigten, wie ein Badegast auf einer Wiese einem weiblichen Wildschwein – einer Bache – und zwei Jungtieren hinterherrannte. Das Tier, das wohl auf Nahrungssuche war, hatte ein gelbes Sackerl im Maul, das dem Mann gehörte – darin soll sich ein Laptop befunden haben. Das Wildschwein sei es vermutlich gewohnt, in Plastisackerln Nahrung zu finden, da viele Leute abends Reste liegen ließen, hieß es damals vom örtlichen Landesforst. Die Begegnung sei für den nackten Mann zwar glimpflich ausgegangen, aber nicht ganz ungefährlich gewesen.

Neugierige Wildschweine sind am Berliner Teufelssee im Grunewald auf Badegäste getroffen.
Foto: AFP/ADELE LANDAUER

Das Landesforstamt hatte daraufhin angekündigt, wegen möglicher Risiken für Menschen die Tiere genau im Blick zu behalten. Es wurde nicht ausgeschlossen, dass sie in der darauffolgenden Jagdsaison erlegt würden. Jedes Jahr werden demnach in Berlin 1.000 bis 2.000 Wildschweine geschossen.

Nicht nur Berlin wird seit Jahren von einer Wildschweinplage heimgesucht, sondern auch die italienische Hauptstadt. Kritiker von Bürgermeisterin Virginia Raggi machen das chronische Müllproblem in Rom für die steigende Zahl von Wildschweinen verantwortlich.

Wildschweine sind in ganz Italien ein wachsendes Problem.

In Wien kommen Wildschweine von Jahr zu Jahr unterschiedlich häufig vor. Laut Schätzungen des Forstdirektors gab es im Vorjahr zwischen 2.000 und 3.000 Wildschweine in der Stadt. Die Tiere sind vor allem in Waldbereichen wie dem Wienerwald, der Lobau und dem Bisamberg zu finden – aber auch in anderen Bereichen der Stadt, zum Beispiel auf der Donauinsel.

Vor ein paar Jahren machte der damalige britische Botschafter in Wien Schlagzeilen: Leigh Turner wurde im Mai 2017 im Lainzer Tiergarten von einem Wildschwein verfolgt und rettete sich auf einen Stapel Baumstämme. In einem launigen Blogbeitrag mit dem Titel "Eine Begegnung mit einem Wiener Wildschwein" beschrieb er, wie er sich beim Wandern plötzlich näher an einer Gruppe der Tiere befand, "als ich oder sie sich das gewünscht hätten", und dann "ein riesiges Wildschwein mit gesenktem Kopf" auf sich zustürmen sah. "Ich hatte keine Erfahrung mit Wildschweinattacken und rannte daher einfach los." Beim Versuch, auf die Baumstämme zu klettern, rutschte er aus. Aber: "Alle meine kleinen Verletzungen waren selbst zugefügt – das Wildschwein hat mich nicht erwischt."

Was tun? Rückzug antreten!

Grundsätzlich sind Wildscheine friedliebende Tiere, die sich vor Menschen fürchten. Doch wenn sie sich angegriffen fühlen, kann sich das schnell ändern. Keinesfalls sollte man hektisch wegrennen, sich hinter einem Baum verstecken oder mit Stöcken verteidigen, empfehlen Experten und Förster, denn die Tiere sind jedenfalls schneller und stärker als der Mensch und würden einen umrennen.

Die Empfehlungen lauten: erstens Ruhe bewahren und gelassen bleiben, zweitens stehen bleiben und sich dann langsam im Rückwärtsgang zurückziehen. Die Tiere sollte man dabei immer gut im Blickfeld haben und eventuell ruhig die Hände in die Höhe strecken, um sich größer zu machen. Das kann einen Abschreckungseffekt für Wildschweine haben. Achtung bei Frischlingen: Mütter verteidigen ihre Jungen mit dem Leben. Falls vorhanden, sollte man auf einen Hochsitz oder einen geeigneten Baum klettern – dort ist man am sichersten. (Flora Mory, 1.10.2021)