Bett statt Prater-Hauptallee: das ist, wenn man krank ist, die richtige Entscheidung.

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Mit den kühleren Temperaturen ziehen wieder Erkältungen und grippale Infekte ins Land und bremsen Läuferinnen und Läufer aus. Alle Jahre wieder stehen viele vor der Frage, ob sie schon bei einem leichten Schnupfen pausieren sollen – oder ganz normal weitertrainieren können.

Die Frage kennt auch der Wiener Sportmediziner Robert Fritz. Er und sein Team von der Sportordination bieten jedes Jahr bei großen Laufevents medizinische Beratung bei der Startnummernabholung an, zuletzt etwa beim Wien-Marathon und beim Österreichischen Frauenlauf. Zu ihnen kommen jene, die sich nicht ganz fit fühlen und unsicher sind, ob sie guten Gewissens an den Start gehen können oder doch lieber aussetzen sollen.

Im Medical Center werden sie untersucht: Sie werden abgehorcht, es wird ihnen in den Hals geschaut, die Lymphknoten werden abgetastet. Mindestens genauso wichtig ist laut Fritz aber das dazugehörige Gespräch mit den Verunsicherten.

Eine wichtige Frage ist dabei: "Fühlst du dich fit und belastbar?" Lautet die Antwort nein, ist die Sache klar. Dann sollte auf jeglichen Sport verzichtet und am Wettkampf als jubelnde Zuschauerin teilgenommen werden – wenn überhaupt. Auch dann übrigens, wenn man eigentlich gemeinsam mit der besten Freundin an den Start gehen wollte. Oft sei es dieser Gruppenzwang, der Menschen dazu verleitet, krank an den Start zu gehen. Das kann schwerwiegende Folgen haben – auch dann, wenn es sich nur um vermeintlich kurze Distanzen wie fünf oder zehn Kilometer handelt.

So langsam wie möglich

Auch abseits von Wettkämpfen rät Fritz jenen, die sich nicht hundertprozentig fit fühlen, bei laufender Nase zu niedrigintensiven Aktivitäten. Für alle ohne Pulsuhr heißt das: so langsam laufen oder Rad fahren wie möglich. Auch ein Spaziergang kann schon reichen. Maximal 30 Minuten lang soll eine solche sportliche Einheit ausfallen: "Da kriegt man schnell mit, wie sich das anfühlt."

Wenn die Nase nur leicht rinnt, man sich ansonsten komplett fit fühlt, kann es sein, dass diese leichte Anstrengung das Immunsystem pusht und bei der Genesung unterstützt. Manchmal liegt der Grund für eine schnupfige Nase auch in einer Allergie – derzeit hat Ragweed Saison. Dann kann natürlich weitertrainiert werden.

Anders sieht die Sache dann aus, wenn man sich wirklich krank fühlt: "Bei Fieber und Husten ist Sport ein No-Go", sagt Fritz. Mindestens drei Tage sollte man fieber- und beschwerdefrei sein, bevor man langsam wieder zum Sport zurückkehrt.

Im schlimmsten Fall: Rückfall

Zum Wiedereinstieg empfiehlt der Sportmediziner eine 30-minütige niedrigintensive Einheit. Fühlt sich das gut an, kann man am nächsten Tag fünf bis zehn Minuten drauflegen und sich so Tag für Tag wieder langsam steigern. "Wenn das eine Woche gut funktioniert hat, kann man langsam die Intensitäten wieder steigern", sagt Fritz.

Er warnt: Wer zu früh zu viel will, riskiert einen Rückfall. Durch zu intensives Training wird das Immunsystem geschwächt. "So kann aus einem banalen Infekt etwas Langwieriges werden", sagt der Mediziner – eine Lungen- oder Herzmuskelentzündung zum Beispiel.

Klar ist: Für ambitionierte Sportlerinnen und Sportler ist eine erkältungsbedingte Pause bitter. Die Form leidet, und das erste Training nach der Unterbrechung ist hart. "Aber so schlimm, wie viele glauben, ist der Formverlust nicht", betont Fritz.

Im Zweifel gilt: Lieber einen Tag länger Pause machen, rät der Sportmediziner. "Einen Trainingsreiz kann der Körper sowieso nicht verarbeiten, wenn er gegen einen Infekt kämpft." (Franziska Zoidl, 6.10.2021)