Schauspieler und Autor Ethan Hawke (50): "Hell strahlt die Dunkelheit" ist bereits sein fünftes Buch.

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Das Leben als Starschauspieler kurz zusammengefasst? "Wenn man einen Film anfängt, läuft alles perfekt – Limousinen, Hotelzimmer, Tagesspesen –, aber sobald die Dreharbeiten abgeschlossen sind, ist es ihnen scheißegal." So legt es Hollywoodstar Ethan Hawke (50) in seinem neuen Roman Hell strahlt die Dunkelheit der Hauptfigur William Harding in den Mund. Anfang 30 und schon sein halbes Leben Filmstar, findet er sich also am New Yorker Flughafen mit einem Taxifahrer konfrontiert, der ihm vorwirft, verwöhnt zu sein: "Deshalb fällt es Ihnen schwer, ein sinnvolles Leben zu führen." Anlass der Schelte: Harding hat seine Frau Mary betrogen, sie will die Scheidung, die Klatschspalten sind voll.

Sieht man davon ab, dass Mary Sängerin ist, sind Parallelen zum Leben Ethan Hawkes schnell gezogen. Er selbst machte 2003 Schlagzeilen, als seine Ehe mit Schauspielkollegin Uma Thurman scheiterte, weil er sie am Filmset mit Angelina Jolie betrogen haben soll. Harding hingegen ist in Südafrika fremdgegangen: "Ich hatte vergessen, wie es war, eine Frau in den Armen zu halten, die gehalten werden wollte."

Wer sich Schmutzwäsche aus dem Leben des Stars Hawke erwartet, wird enttäuscht: Da haben zwei früh Erfolgreiche einfach nicht zusammengehört. Harding ist ein Mann voller Schwächen und Selbstzweifel, zudem ein leidenschaftlicher Vater: "Die Ehe hatte für mich nicht gepasst, Elternschaft dagegen ein spontaner erfreulicher Reflex." Er verspricht den Kindern einen Hund, mit dem sie spielen, wenn sie bei ihm im Hotel leben. Vor allem handelt Hell strahlt die Dunkelheit aber vom Schauspielen. Wie in der Wirklichkeit Hawke, macht Harding nämlich gerade eine Pause vom Film und wird die folgenden sechs Monate in New York Hotspur in Shakespeares Heinrich IV. geben.

Schillernder Künstlerroman

Über weite Strecken geht es auf den 320 Seiten also um Lampenfieber und Bühnenkonkurrenz, um gefühlte Publikumsreaktionen und Berühmtheit, um die bis hinter die Kulissen wirkende Intimität in Liebesszenen und darum, wie man eine Rolle anlegt. Wut auf seine Frau bricht sich Bahn und führt zu intensiven Szenen auf der Bühne, für deren Emotion Harding die Mahnung erntet, er könne sich nicht in jeder Vorstellung so verausgaben. Detailreich wird Shakespeares Stück gedeutelt.

Das ist gut gemacht, lebt aber natürlich auch davon, dass da einer schreibt, der das Geschäft aus erster Hand kennt, und man sich einbilden kann, man werde Zeuge der Lehrjahre eines Stars: "Wenn du eine Vorstellung verpasst, musst du mindestens drei verpassen. In der ersten Vorstellung ist jede Zweitbesetzung ,brillant‘. Alle sind so dankbar, dass der Ersatz es nicht komplett vermasselt hat. Nein, du musst ihnen Zeit lassen, zu verglühen und gewöhnlich zu werden." Szenen wie die mit einem versoffenen Dramatiker, der chauvinistische Liebestipps gibt, oder wenn Harding eine Jungschauspielerin angräbt, schillern.

Nach Erlebnisaufsatz klingt Hawkes bereits fünfter Roman nie. Man spürt das Brennen fürs Schauspiel, schreiben kann er aber auch. (Michael Wurmitzer, 2.10.2021)