Leonore Gewessler präsentiert ihr Klimaticket.

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Am Ende zeigten sich alle Beteiligten zufrieden. Dabei war die Genese des bundesweiten Klimatickets keineswegs friktionsfrei. Das Prestigeprojekt der grünen Umweltministerin Leonore Gewessler wurde in zwei Tranchen verkündet.

Zuerst, im Sommer, wurde eine Einigung ohne die bevölkerungsreiche Ostregion vorgestellt, obwohl allein in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland 60 Prozent des Fahrgastaufkommens ganz Österreichs stattfinden. Dann, am Donnerstag dieser Woche, wurde von der Ministerin und den drei Ost-Landeshauptleuten doch noch ein bundesweites Klimaticket präsentiert, rechtzeitig vor dem geplanten Starttermin am 26. Oktober.

Gewessler war ursprünglich mit einer denkbar schlechten Position in die Verhandlungen mit den Ländern gegangen: Sie stand unter starkem Erfolgsdruck, denn als Grüne musste sie das Klimaticket durchbringen – und alle wussten das. Nicht zuletzt hat die Ökopartei unter Hinweis auf ihre Klimaschutzprojekte in anderen Politikbereichen massive Abstriche im Sinne ihres türkisen Koalitionspartners hingenommen, Stichwort: Umgang mit Ausländern.

Als wichtigen Anreiz für die Länder stellte die Verkehrsministerin hundert Millionen Euro zur Verfügung, die für Regionaltickets zugeschossen werden. Für jene Bundesländer, wo es solche schon gibt – wie etwa Wien – ein besonderes Zuckerl: Sie bekommen Extrageld ohne Gegenleistung.

Das Ticket im Wahlkampf

Dann wurde verhandelt, bis in den Spätsommer hinein. Als Gewessler in Oberösterreich die Teileinigung vorstellte, sei man mit den konkreten Abrechnungsmodalitäten und Tarifmodellen noch keineswegs fertig gewesen, heißt es aus dem Büro des Wiener Bürgermeisters Michael Ludwig (SPÖ). Vom Pressetermin mit dem oberösterreichischen Landeschef Thomas Stelzer (ÖVP) habe man "erst aus den Medien erfahren". Das Timing – mitten im dortigen Wahlkampf – sei wohl kein Zufall gewesen.

Andernorts erzählt man eine unterschiedliche Version der Ereignisse. Die Verhandlungen mit dem Verkehrsverbund Ostregion (VOR) hätten sich besonders gespießt. Um die Blockade zu lösen, sei Gewessler im August vorgeprescht: Das Klimaticket starte am 26. Oktober – ohne die Ostregion. Die Botschaft: Wir machen das Ding auch ohne euch. Wenn ihr dabei sein wollt, müsst ihr euch beeilen. "Da hat Gewessler schon mit der Brechstange gearbeitet, wie sie es halt in der NGO gelernt hat", sagt ein Mitverhandler.

Nun, nach der Bundes-Einigung, scheint indes wieder Frieden eingekehrt zu sein. Gerüchte, dass Wiens Zustimmung mit Zugeständnissen des Verkehrsministeriums bei verschiedenen Straßenbauprojekten in der Bundeshauptstadt "erkauft" worden sei, stellten sowohl Bürgermeister Ludwig als auch Ministerin Gewessler in Abrede. (Irene Brickner, Sebastian Fellner, 2.10.2021)