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Gericht ohne Angeklagte: Die Frau verschwand vor dem Prozess, nun sitzt sie in Untersuchungshaft.

Foto: Reuters / Markus Schreiber

Itzehoe/Lübeck – Die 96 Jahre alte Angeklagte im womöglich letzten NS-Prozess in Deutschland vor Landgericht Itzehoe befindet sich mittlerweile in Untersuchungshaft. Laut Informationen der Deutschen Presse-Agentur ist sie in die Justizvollzugsanstalt Lübeck gebracht worden.

Am Donnerstagabend hatte das Landgericht Untersuchungshaft für die Angeklagte angeordnet. Damit reagierte die Strafkammer auf den Versuch der ehemaligen Sekretärin im KZ Stutthof bei Danzig, sich dem Verfahren zu entziehen. Die Haft wurde nach Angaben einer Sprecherin bis auf weiteres angeordnet. Wegen der Abwesenheit der Angeklagten hat die Strafkammer den Prozess bis zum 19. Oktober unterbrochen.

Beihilfe zum Mord in über 11.000 Fällen

Der Frau wird Beihilfe zum Mord in mehr als 11.000 Fällen vorgeworfen. Als Stenotypistin und Schreibkraft in der Kommandantur von Stutthof soll sie zwischen Juni 1943 und April 1945 den Verantwortlichen des Lagers bei der systematischen Tötung von Gefangenen Hilfe geleistet haben. In dem deutschen KZ und seinen Nebenlagern sowie auf den sogenannten Todesmärschen zu Kriegsende starben nach Angaben der für die Aufklärung von NS-Verbrechen zuständigen Zentralstelle in Ludwigsburg rund 65.000 Menschen.

Die 96-Jährige hatte nach Angaben der Gerichtssprecherin am Donnerstag zwischen 6.00 und 7.20 Uhr ihren Wohnort verlassen und war mit einen Taxi Richtung Norderstedt/Hamburg-Ochsenzoll gefahren. "Bild"-Informationen zufolge war sie am Mittag zu Fuß auf der Langenhorner Chaussee in Hamburg unterwegs, als Polizisten auf sie aufmerksam wurden. Nach Angaben einer Gerichtssprecherin hatte sie wenige Tage vor Prozessbeginn in einem Brief an das Gericht erklärt, dass sie nicht kommen wolle. (APA, dpa, 1.10.2021)