Das Foto zeigt das Team vor ihrem Firmensitz in Gliwice im Jahr 2016.

Foto: Facebook, Destructive Creations

Rechtsradikales Gedankengut in Videospielen ist nichts neues, aber selten erreicht es den Mainstream. Das polnische Entwicklerstudio Destruktive Creations ist mit ihren Spielen mittlerweile in genau diesem Mainstream angekommen, was die Initiative "Keinen Pixel den Faschisten" dazu bewogen hat zum Release des neuesten Spiels War Mongrels ein Dossier zu veröffentlichen, dass die Nähe der Entwickler zur rechten Szene aufzeigt und noch andere schwere Vorwürfe formuliert.

Lange Vorgeschichte

Rechtsnational, transphob und antisemitisch – es sind schwere und zahlreiche Vorwürfe, die das Dossier aufweist. Zurückgehend ins Jahr 2014 werden zahlreiche Social-Media-Beiträge der Chefetage und der Mitarbeiter aufgezeigt und analysiert. Diese zeigen LGBTQIA+-, Islam- sowie linkenfeindliche Kommentare, die entweder direkt von den Mitarbeitern erstellt oder zumindest von ihnen positiv kommentiert werden. An anderer Stelle kokettiert einer der Chefs des Studios damit, nach gängiger Definition ein Nazi zu sein.

Die Nähe zu zahlreichen rechten und rechtsextremen Organisationen wird dabei genauso aufgeschlüsselt wie Auftritte von Mitarbeitern bei neo-faschistischen Kundgebungen. Immer wieder wird auch zweifelhaftes Material geteilt, etwa Buchempfehlungen des Historikers Edward Reid, der "dafür bekannt ist die antisemitische Mär einer gezielten Ausbeutung Polens durch Juden, durch Israel und durch eine "Holocaust"-Industrie zu verbreiten".

"War Mongrels" wird das nächste Spiel des Studios, welches inhaltlich ebenfalls umstritten ist.
Foto: Destructive Creations

Virtueller Spiegel

In den Spielen spiegle sich diese Einstellung wider, so die Macher hinter dem Dossier. Im kommenden Spiel War Mongrels geht es etwa um deutsche Soldaten, die zu Widerstandskämpfern gegen das Regime werden. Im Dossier interpretiert man diese Inszenierung so, dass Wehrmachtssoldaten indirekt in Schutz genommen würden, um deren Verbrechen zu relativieren.

"Man nimmt bezogen auf die Alliierten eine äußerst kritische Perspektive ein, die sich aber hauptsächlich auf Whataboutisms stützt: So hätten die Sieger Geschichte geschrieben und damit seien alliierte Kriegsverbrechen verschwiegen worden. Auch an der Angst vor Schwarzen sei etwas dran gewesen. Das Bild der polnischen Bevölkerung wiederum könnte positiver nicht sein: Helden habe es überall gegeben und Kollaborationen mit den Deutschen seien entweder unter Zwang entstanden oder indem Gutgläubige durch Propaganda geblendet worden seien. Nicht erwähnt wird ein (nicht nur, aber auch in Polen tief verankerter) Antisemitismus als Antrieb für Kollaboration, was das Bild ›der Polen‹ natürlich ankratzen würde."

Auch rechte Symbolik sei nicht neu in den Spielen von Destruktive Creations. Im Spiel Ancestors Legacy etwa wurde die Elhaz- bzw. Algiz-Rune genutzt, die auch im Nationalsozialismus als "Lebensrune" bei der SS zum Einsatz kam. Durch die Nähe vieler Mitarbeiter zur nordisch-slawischen Vergangenheit, "bei der die Grenzen zwischen slawischen Neuheidentum, Antisemitismus und Nationalismus fließend" sind, zeigen sich viele Mitarbeiter auch immer wieder mit Tattoos. Eines davon zeigt die Kolovrat-Tätowierung, die trotz ihrer längeren Vergangenheit speziell von der SS genutzt wurde.

"Auch in seiner relativen Subtilität bedient Ancestors Legacy noch immer alle Merkmale rechter Mittelalterbilder, die letzten Endes immer in nationalistische Vergangenheitserzählungen zur Begründung zeitgenössischer nationaler Identitäten münden."

Statement der Entwickler

Seit der polnische Entwickler mit dem Amoklauf-Simulator Hatred im Jahr 2014 ins Rampenlicht der Öffentlichkeit gelang, haben viele Mitarbeiter ihre Beiträge auf Social Media auf Privat gestellt. Dennoch zeigt die Recherche, dass sich die politische Einstellung des Studios in den Jahren nicht verändert hat und diese sogar inhaltlich in deren Spiele weiterhin einfließt. Eine kritische Auseinandersetzung von Seiten der Journalisten ist in Zukunft deshalb noch wichtiger, um auf etwaige Verfehlungen deutlich hinzuweisen.

Die Entwickler selbst zeigen sich nach der Veröffentlichung des Reports nicht einsichtig. Auf eine Anfrage der "Gamestar" reagieren die Entwickler mit einem Statement. Man werde die Macher des Dossiers voraussichtlich verklagen. "Das Maß an Arroganz, Ignoranz und Unsinn in diesem Beitrag ist nicht in Worte zu fassen." Im Detail wolle man sich zu den Anschuldigungen nicht äußern und der Spieler solle sich doch selbst ein Bild machen.

Gegen Faschisten

Die Macher hinter dem Dossier nennen sich "Keinen Pixel den Faschisten". Die Initiative, bestehend aus Webseiten, Medienschaffenden, Forschungskollektiven und Entwicklerstudios aus der Computerspielekultur, will sich durch antifaschistische Arbeit für ein inklusives Klima in ihren Communitys stark machen. Die Vereinigung sieht sich als Gegengewicht zum toxischen Teil der Computerspielszene und man wolle gleichzeitig Anlaufstelle für die Themen Rechtsradikalismus im Gaming-Bereich werden. "Wer sich an der Arbeit auf der Plattform beteiligen will, ist dazu herzlich aufgerufen", schreiben die Organisatoren auf deren Website. (aam, 2.10.2021)