In Programmiercamps lernen Kinder und Jugendliche die ersten Schritte spielerisch.

Foto: Stefan Johann

Schon mit elf Jahren wusste Milan Orszagh: Er will Programmierer werden. Das ist jetzt über 20 Jahre her. Damals borgte er sich noch Bücher aus einer Bibliothek aus, um mehr über das Thema zu erfahren. Heute gibt es Programmiercamps, in denen man schon ab sechs Jahren erste Gehversuche in diesem Gebiet machen kann – und natürlich das Internet, das mit Software und Anleitungsvideos den Einstieg erleichtert.

Ab in den App-Store

Heute ist Orszagh für rund 30 App-Projekte bei der Entwicklerfirma Ovos in Wien verantwortlich – und programmiert tatsächlich Apps. Der Weg von der Idee bis zu dem Zeitpunkt, da die fertige Applikation zum Download bereitsteht, ist oft lang. "Am Anfang steht eine Idee oder eine Anforderung, welchen Nutzen die App bringen soll", sagt Orszagh.

Wenn die Funktionen festgelegt sind, wird ein Prototyp gebastelt – an dem kann man alles einmal ausprobieren. Erst dann dürfen die UI/UX-Designer (User Interface, User Experience) ans Werk, die sich um die Übersichtlichkeit und die gute Bedienbarkeit der App kümmern. Jede Aktion sollen die künftigen Nutzer leicht finden – und natürlich müssen alle Texte leserlich sein. Nachdem die Grafiken angefertigt werden, legen die Programmierer endlich Hand an und bauen die fertige App. Am Ende folgt noch eine Qualitätssicherung. Dabei wird geprüft, ob wirklich alles funktioniert. "Danach stellen wir die App zum Download in den App-Store."

Leichter Einstieg

Ob man als Quereinsteiger oder ausgelernter Programmierer einsteigt, ist laut Adrian Fuchsluger völlig egal. Der 22-Jährige besuchte die HTL in Ybbs mit dem Fokus auf Medientechnik. Als Praktikant kam er gleich nach dem Zivildienst zu Ovos und hat sich dort als Programmierer bewiesen. Ein Jahr später hat er sich zum Product-Owner entwickelt. Jetzt koordiniert er mehrere Projekte, behält Zeitpläne und Budgets im Auge. "Ich habe gemerkt, dass ich nicht nur programmieren will, und deshalb die Chance ergriffen, in dem Bereich etwas anderes zu tun." Seine Programmierkenntnisse helfen ihm, die Abläufe im Team besser zu verstehen und auch die Zeit für Projektdurchläufe besser einzuschätzen.

Wer sich für die Materie interessiert und einmal schnuppern möchte, dem empfiehlt Fuchsluger, eines der zahlreichen Tools im Internet auszuprobieren, etwa Appi Pie oder Python. Ohne Coding-Kenntnisse kann man hier mit Baukastensystemen eine App basteln und sogar veröffentlichen. Die meisten dieser Tools kann man zunächst kostenlos ausprobieren – erst bei längerer Nutzung sind sie zu bezahlen. Der perfekte Einstieg, um ein etwaiges Talent früh zu erkennen!

Adrian Fuchsluger und Milan Orszagh arbeiten bei der Wiener App-Entwicklerfirma Ovos.
Foto: Stefan Johann

Programmiercamps

Eine andere Möglichkeit sind Programmiercamps, die mittlerweile in vielen Bundesländern angeboten werden. In Wien etwa gibt es die Acodemy, die Kurse zwischen sechs und 17 Jahren anbietet. "Bei uns lernt man, Apps zu erstellen, aber auch mit Programmen wie Unity oder Python umzugehen. Je nach Alter ist die Komplexität unterschiedlich", sagt Geschäftsführerin Anna Rolle-Stieger. "Digitale Kompetenzen werden immer wichtiger. Je früher man sich damit beschäftigt, desto besser."

Trotzdem interessieren sich nach wie vor weniger Mädchen als Burschen für das Coden. "Derzeit haben wir einen Mädchenanteil von 20 Prozent. Das ist sicher besser als vor drei Jahren, aber es gibt Luft nach oben." Beim digitalen Gestalten spielt es keine Rolle, ob du ein Mädchen oder ein Junge bist. Hauptsache, du bringst Neugierde mit. Ihr programmiert an Raumstationen, Nachhaltigkeitsthemen bis hin zum Städtebau.

Bei Ovos, der Firma von Fuchsluger und Orszagh, arbeiten derzeit acht Frauen bei insgesamt 34 Mitarbeitern. Eine Praktikantin, die vor einem halben Jahr ins Team gekommen ist, wird in den nächsten Tagen zusätzlich fix übernommen. "Frauen haben oft einen ganz anderen Blick für Problemlösungen", sagt Orszagh, "deshalb hoffen wir auf mehr Mädchen in dieser spannenden und zukunftssicheren Branche." (aam, 2.10.2021)