Die Polizei war auch bereits bei Anti-Corona-Maßnahmen-Demos in der Vergangenheit präsent, so etwa hier im Mai.

Foto: Heribert CORN

Wien – Bei der linken Gegendemonstration gegen die Wiener Corona-Demonstration hat es am Samstagnachmittag offenbar einen Polizeiübergriff gegeben. In sozialen Medien wurden Videos verbreitet, auf denen zu sehen ist, wie ein Polizist einen Demonstranten stößt, der daraufhin über ein Fahrrad stürzt und dann – auf dem Boden liegend – noch einmal von diesem Beamten getreten wird. Die Wiener Polizei teilte daraufhin mit, gegen den Beamten werde ermittelt.

"Das Verhalten des Kollegen ist für uns nicht nachvollziehbar und wird von uns nicht toleriert. Daher wurden die Ermittlungen aufgenommen", hieß es von der Landespolizeidirektion Wien auf Twitter. In einer später versendeten Aussendung ging die Polizei nicht auf den Vorfall ein, berichtete aber von einem "konsequenten Einschreiten" ihrer Beamten, um eine Störung der Corona-Demo durch Gegendemonstranten zu verhindern. Es habe eine Festnahme gemäß Strafprozessordnung sowie mehrere gerichtliche und verwaltungsrechtliche Anzeigen gegeben. Verletzte Personen seien keine gemeldet worden.

Polizei wurde mangelndes Vorgehen gegen Corona-Maßnahmen-Gegner vorgeworfen

Für Aufregung hatten zuvor bereits Berichte gesorgt, wonach ein "Neonazi-Schlägertrupp" ein Kaffeehaus in der Nähe der Universität Wien demoliert habe, in das sich Gegendemonstranten geflüchtet hatten. Außerdem sollen aus den Reihen der Corona-Maßnahmen-Gegner Wurfgeschoße in Richtung der Gegendemonstranten geflogen sein. Der Polizei wurde vorgehalten, nicht gegen die Corona-Maßnahmen-Gegner vorzugehen, sondern stattdessen die linken Gegendemonstranten einzukesseln.

Aus Sicht der Polizei haben die vom Votivpark auf Fahrrädern angereisten Gegendemonstranten im Bereich der Karlskirche versucht, "zu der rechtmäßig abgehaltenen Versammlung im Resselpark vorzudringen, um diese offensichtlich zu stören". Wie es in einer Aussendung der Polizei am Samstagabend hieß, wurden dabei pyrotechnische Gegenstände gezündet und geworfen. "Dank des konsequenten Einschreitens der Einsatzkräfte konnte ein Aufeinandertreffen der rivalisierenden Gruppen verhindert werden."

Polizei machte keine Angaben zu rechtsextremen Personen

Die Polizei berichtete, dass sie die Demonstranten vom Christian-Broda-Platz in Wien-Mariahilf auf der vorgegebenen Route bis zum Resselpark in Wien-Wieden begleitet habe. Nach der dortigen Abschlusskundgebung habe die Veranstaltung "ohne relevante Vorfälle" geendet. Zur ebenfalls angezeigten Gegendemonstration hatten sich zu Mittag im Votivpark in Wien-Alsergrund rund 150 Personen versammelt, unter ihnen auch vermummte Anhänger der sogenannten "Antifa", berichtete die Polizei. Zur von Augenzeugen verbürgten Teilnahme rechtsextremer Personen an der anderen Demonstration machte die Polizei keine Angaben.

Als Hauptrednerin bei der Anti-Corona-Demonstration trat eine Beamtin aus dem Verteidigungsministerium auf, die seit geraumer Zeit mit scharfer Kritik an den Corona-Maßnahmen für Aufsehen sorgt (DER STANDARD berichtete). Sie habe in ihrer Rede die anwesenden Polizisten aufgerufen, den Gehorsam zu verweigern, hieß es in Berichten in sozialen Medien.

Verfahren gegen Beamtin noch nicht abgeschlossen

Am Sonntagnachmittag wurde bekannt, dass die Beamtin nach ihrem Auftritt bei der Anti-Corona-Demo in der Wiener Innenstadt einmal mehr von ihrem Dienstgeber belangt wird. Einen diesbezüglichen Bericht des "Kurier" bestätigte Michael Bauer, Sprecher des Verteidigungsministeriums, am Sonntag. "Das Verteidigungsministerium distanziert sich von allem, was sie sagt", betonte Bauer auf Anfrage der APA. Man beobachte die Auftritte der Beamtin schon seit längerem und habe alle Maßnahmen, "sowohl straf- als auch dienstrechtlich", bereits ausgeschöpft. "Das Problem ist, die Verfahren sind noch nicht abgeschlossen."

Das Beamtendienstrecht gebe den Beamten besonderen Schutz, erläuterte der Ministeriumssprecher. Im Prinzip könne man zivile Beamte nur verwarnen oder entlassen. Eine Entlassung müsse aber auch vor einem Arbeitsgericht halten. "Es bringt nichts, wenn wir sie entlassen, und ein Gericht sagt, dass dies widerrechtlich war", so Bauer. Man hoffe auf einen raschen Abschluss der Verfahren. (APA, 3.10.2021)