Alles bestens.

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Es sind Szenen wie aus Geschichtsbüchern. Tankstellen fehlt Sprit, Bürgerinnen und Bürger tauschen Tipps aus, wo noch ein paar Vorräte zu bekommen sind. Dort bilden sich Schlangen. Die Regierung verspricht Besserung – doch es ändert sich nichts. Supermarktregale sind seit Wochen lückenhaft, Restaurants müssen ihre Speisekarten umstellen, weil Zutaten fehlen. Zugleich bleibt Gemüse im Boden, weil es kaum Erntehelfer gibt. Wir sind in Großbritannien, 2021.

Das war vorhersehbar, davor wurde auch gewarnt. Wegen des Brexits fehlen jene Arbeitskräfte, gegen die Premier Boris Johnson und seine Helfer in der Anti-EU-Kampagne so lang Ressentiments geschürt hatten, bis eine Mehrheit bereit war, sich mit dem Austrittsvotum ins Knie zu schießen. Die Regierung muss improvisieren, die Armee rufen und in skurrilen Aktionen Menschen suchen, die Lkws lenken können.

Das politische Ende des Boris Johnson? Weit gefehlt. Seine Konservativen sind in den Umfragen vorn, bisher ist kein Schaden für sie auszumachen. Das liegt auch daran, dass Johnson hart bleibt und geschickt die Stimmung bedient, die er zuvor selbst geschaffen hat. Nein, man werde nun nicht wieder billige Arbeitskräfte ins Land holen, es gehe darum, den britischen Arbeitsmarkt zu schützen. Das verfängt, zumindest vorerst. Doch die Strategie muss nun auch funktionieren, die Löhne müssen steigen, die nötigen Arbeitskräfte gefunden werden. Mit Ressentiments allein regiert auch Johnson nicht ewig. (Manuel Escher, 4.10.2021)